Mittwoch, 6. März 2024
05.03.24
Dienstag. Bürotag. Ich wache nachts zu ungewohnten Zeiten auf, jeweils ca. eine Dreiviertelstunde früher als sonst. Um 4:00 habe ich das Gefühl, dass die Nacht vorbei ist und stehe auf.

Erinnere mich an einen Traum von einer sehr schnellen Fahrt über die Autobahn, ich sitze im Fahrersitz eines Kleintransporters, der Transporter wird ferngesteuert aus einem Wagen, der hinter mir fährt. Darin sitzen zwei Personen, eine ist vielleicht S.

Ich fühle mich relativ ruhig. Wenigstens ist S noch nicht unerreichbar weit weg, wenigstens möchte auch sie mich nicht ganz aus ihrem Leben verlieren, wenigstens schreibt sie das.
Andererseits ist sie wie auf einem anderen Planeten. Aber das sind ja eigentlich alle.
Durch die Beziehung habe ich mich mehr körperliche Nähe getraut, mir mehr Anfassen herausgenommen und umgekehrt. Das ist nun nicht mehr angebracht. Auch der vertraute Alltag fällt weg.
Und die seelische oder was auch immer Nähe, die am Anfang zu entstehen schien, konnte sich nicht entwickeln. Ich habe mich sehr schnell sehr tief zurückgezogen. Habe permanent gehofft, das irgendwie klären, neu anfangen zu können, aber das funktionerte nicht.

Es ist diesig, grau und sieht wieder nach Winter aus, auch weil die Bäume vor dem Bürofenster noch kahl sind.

Ich fühle Liebe für S und vermisse sie. Möchte sie im Arm halten, lange und ohne Ablenkung.
Liebe, fast wie Verliebtheit. Wunsch, ihr zu schreiben, Nähe und Verbindung zu spüren, was natürlich Quatsch ist.
Wirklich ganz komisches, unpassendes, frühlingshaftes Verliebtheitsgefühl. Nur weil ich gestern gelesen habe, dass sie mich noch liebt. Weil ich mich dadurch bedeutsamer fühle, mehr Sinn habe. Ich bin fast schon fröhlich gut gelaunt im Kontakt mit den Kollegen vor Ort.

Und etwas blutet weiter in mir, schreit tonlos um Hilfe.

Mit steigender Arbeitszeit steigt auch die Unlust. Ich hätte gerne 3 Monate Urlaub mit S auf einer einsamen Insel, halt einfach viel Zeit und ohne Ablenkung.

Mir fällt das Bild einer Strasse wieder ein, aus einer Szene der neuen Serie. Eine Brücke über einen kleinen Fluß und dann eine gewundene, waldige Asphaltstraße. Ich hatte sofort Lust, auf dieser Straße zu gehen und zu schauen, was der Weg so bringt. Ich möchte Dinge hinter mir lassen, weitergehen ins Ungewisse, einfach die Straße entlang. Wenn nur die Rast nicht so unbequem wäre. Fremde Betten, fremdes Essen, fremde Menschen.

Der Himmel ist auch mittags noch grau und diesig, es nieselt. Trotzdem wäre ich jetzt gerne draußen.

Das Gefühl der Liebe für S fühlt sich heute fest verankert an. Ich möchte, dass es ihr gut geht, auch ohne mich. Und ich möchte sie nicht verlieren. Aber das werde ich wohl, wenn es ihr wieder gut geht. Sinnloses Vordenken.

Nach der Arbeit versuche ich, ein Paket abzuholen. Es sollte an die Wohnung zugestellt werden, wurde aber in eine Packstation eingelegt. Erscheint deshalb nicht in der App, da es ja keiner Postnummer zugeordnet ist. Über die Chatfunktion der App kann ich aber über Eingabe der Paketnummer einen Abholcode bekommen. Mit dem Abholcode stehe ich dann vor der Packstation, die komplett App-gesteuert ist, was bedeutet, dass es keine Tastatur zum Eingeben des Zahlencodes gibt. Kurz verstehe ich, warum so etwas wie "Vandalismus" entsteht. Auf dem Weg nach Hause versuche ich über diese mild kafkaeske Situation zu lachen, es gelingt mir nur mäßig. Im Briefkasten liegt ein Brief von DHL, darin eine Karte mit dem Abholcode, den ich mir bereits über die App besorgt habe. Auf der Karte ist auch ein Strichcode, den werde ich dann morgen versuchsweise vor die kleine Plastikkuppel an der Packstation halten, hinter der ich eine Kamera bzw. hoffentlich einen Scanner vermute.

Dann gehe ich im Nieselregen einkaufen, Träumereien im Kopf, die wie Fahrstuhlmusik während der Transferzeit zwischen Wohnung und Supermarkt einsetzen.

Ich mache mir das Abendessen warm, schaue die Quizshow. Denke daran, dass sich S früher oder später neu verlieben wird, spüre den Schmerz dieses Gedankens. Frage mich, was das soll, will ich mich quälen? Klar ist das Verliebsheitsgefühl Quatsch aber lass es doch einfach passieren, vorbeigehen.

Ich bin früh müde, kein Wunder, mein Schlaf-Wach-Rythmus verschiebt sich immer mehr. In gewisser Weise auch ein Vermeiden von Menschen. Morgens um 4 ist niemand wach außer mir (ja, natürlich sind andere wach aber keine Person, die ich kenne). Und um die Zeit, zu der für S der Tag erst anfängt, werde ich müde. Ich liege im Bett, wenn die Tagesschau zu Ende ist. Funktioniere für Arbeit, Einkaufen, Sport aber nicht für zwischenmenschliche Aktivitäten, was auch immer.

Ich habe nochmal über das Weinen nachgedacht. Ich hatte geschrieben, es braucht eine gelernte Sicherheit um zu weinen, und meinte das Lernen "wenn ich weine, kommt Hilfe". Ich hatte vergessen, dass Kinder das Weinen nicht lernen müssen. Es ist einfach da, von Anfang an. Ich habe es nur einfach verlernt, weil nie jemand kam.

Um ca 21 Uhr mache ich das Licht aus, kann aber nicht gut einschlafen.

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