Freitag, 15. März 2024
14.03.24
Donnerstag. Die Katze weckt mich um 5:00 obwohl sie um 3:00 oder so bereits Futter bekommen hat. Ich überlege, nach dem Schreiben spazierenzugehen und stehe auf. Beim Kaffeekochen denke ich, dass das Timing nicht so gut wäre aber ich halte es mir offen, werde es später entscheiden.

Mir fällt auf, dass ich mich körperlich viel wohler fühler als vor der Ernährungsumstellung und Rückentraining. Der Effekt ist noch nicht riesig aber deutlich spürbar. Ich fühle mich leichter und gleichzeitig kräftiger. Klingt klischeehaft und wie ein Werbetext für irgendwas. Vielleicht wegen der unbestimmten Vergleiche.
Mein konkreter Vergleich ist mein Körpergefühl Ende letzten Jahres. Nachts umdrehen ging nur schwerfällig und war mit Rückenschmerzen verbunden. Aufstehen mit Rückenschmerzen, die Beine steif, die ersten Schritte sehr schmerzhaft und gebückt. Das hat sich ganz stark geändert. Ich habe noch manchmal Rückenschmerzen aber nur noch punktuell, die meiste Zeit spüre ich den Rücken nicht oder nur wenig. Ich stehe leichter auf, gehe schmerzfrei in die Küche zum Kaffee kochen. Ich fühle mich viel besser.

Nach dem Schreiben werfe ich ein paar Tüten Müll aus dem Keller in den Hausmüll und gehe dann doch spazieren, meine übliche Runde inklusive Schlenker durch den kleinen Park. Die Luft ist gut, ich hätte aber vorher Asthmaspray nehmen sollen. Keine Hunde, dafür ein paar missmutige Schulkinder, die Wiesen sind taubedeckt und das Wetter macht verlockende Versprechungen.

Wieder zuhause sortiere ich erstmal den Keller fertig, es ist weniger Aufwand als ich gedacht hätte. Ich sichte, was sich an Elektrosachen angesammelt hat und schreibe es auf.

Dann befreie ich zwei blaue Jacken von den Resten eines Papiertaschentuchs, das zwei Maschinen früher leider mit in der Trommel gelandet war. Hätte nicht gedacht, dass da noch etwas von übrig war. Ich lasse die Maschine einmal leer auf 60 Grad mit Reinigungsmittel laufen, war sowieso mal wieder Zeit und hoffe, dass danach alle kleinen weißen Fusseln weg sind.

Nach dem Frühstück dann endlich der Balkon. Fanfaren ertönen als ich mit Putzeimer und Gummihandschuhen die Balkontür öffne und mein Werk beginne. Erst denke ich, dass ich heute nur das Geländer mache, aber als das fertig ist merke ich, dass ich genug Zeit habe für die Fliesen. Lust habe ich nicht, aber wann habe ich die schon und es wäre wirklich schlau, es heute noch zu machen denn ab morgen könnte ich es erstmal 2-3 Wochen nicht machen wegen des abheilenden Tattoos auf der Brust. Also bin ich schlau, tapfer und fleißig und schrubbe den kompletten Balkon. Räume ihn ab, die Pflanzen in die Küche und Tür zu, damit die Katze nicht auf Ideen kommt, entferne das Moos aus den Ritzen, fege und bearbeite schließlich jede Kachel mit Schwamm und reichlich Putzmittel. Schütte 5 Eimer dunkelgrüne Brühe weg, preise mich für die Idee mir Knieschoner zu kaufen und bin froh, dass ich es nicht am Wochenende mache und somit der aufdringliche Nachbar auf der Arbeit ist.

Als alles fertig ist, bin ich stolz auf mich. Ich setze mich in die Sonne auf den Balkonstuhl und möchte gelobt werden. Da S wegfällt schicke ich Fotos an meine Kollegin, die den Balkon-Plan kannte.

Jetzt muss ich noch sehr viel Erde heranschaffen, ich überlege, ob ich die auch liefern lassen kann. Dann endlich Pflanzen und zu den vorhandenen 3 Kästen noch zwei, in denen ich an der Seite Jasmin ranken lassen möchte.

Ich bestelle übers Handy den Elektrosperrmülltermin und finde mich sehr lässig.

Während der Räumerei und Putzerei habe ich auch viel an S gedacht aber irgendwie neutral, zumindest ohne Kummergefühl. Ich mache mir etwas vor, gaukele mir eine Zukunft vor. Gaukele mir Kontakt vor, der nicht realistisch ist. Mein Hirn ist ein Trickster. Aber das hat mich überleben lassen, ich bin ihm nicht böse. Es muss nur lernen, wann es sich besser auf das Reale fokussiert.

Habe Bammel vor dem Stechen morgen. Nehme mir vor, an den Grund zu denken, warum ich mir das Tattoo stechen lassen möchte. Mich an jenen Tag zu erinnern, daran, dass Hoffnung und Vertrauen möglich sind, dass ich das kann.
Es ist das erste Tattoo, das S nicht mitbekommt.

Dann fahre ich zum Rückentraining an der LE, den Trainer kenne ich noch nicht, ganz sympathisch, aber heute trainiere ich nachher nicht mehr, stelle also auch keine Fragen.

Auf dem Rückweg steige ich 3 Stationen früher aus und gehe den Rest zu Fuß. Es ist sonnig und warm, ich schwitze, obwohl ich nur ein T-Shirt unter der Stoffjacke trage. Ich merke die Anstrengung des Vormittags und finde den Weg etwas mühsamer als sonst aber trotzdem ok. Allerdings ist mein Fokus nach Innen gerichtet, vom Weg bekomme ich nicht viel mit. Ich weiß gar nicht mehr genau, woran ich gedacht habe, vermutlich das übliche Gemisch aus Vergangenheit und Zukunft, hilfloses Herumsuchen in der Gedankensuppe.

Nachmittags fragt die Tätowiererin an, ob wir den Termin eine Stunde nach hinten verschieben können. Klar, können wir. Ich habe Angst, dass sie absagt, möchte das morgen unbedingt machen.

Ich sehe den aufgeräumten, sauberen Balkon in der Nachmittagssonne und bin traurig, dass S ihn nicht sieht. Ich kann sie dort im Stuhl sitzen sehen, rauchend, in ihrem Handy scrollend. Ich habe den Balkon das ganze letzte Jahr über nicht geputzt, hatte keine Energie dafür. Und nun habe ich das kindliche Bedürfnis, ihr zu zeigen, dass ich es endlich gemacht habe. "Guck mal, ich kann es."

Dieses Gefühl schwingt seit der Trennung noch bei vielem mit. "Komm zurück, schau mal, ich kann das jetzt alles." Weil ich mir Schuhe anziehe, die nicht meine sind, Schuld auf mich nehme für Dinge, zu denen zwei gehören. Es hatte einen Grund, warum ich keine Energie hatte. Und jetzt ist genug Energie da um Dinge schön, ordentlich, sauber zu machen, weil S weg ist. Weil ich allein bin. Ich mag es sauber und ordentlich und jetzt kann ich alles auch so machen. Der Boden wäre für sie immer noch zu selten gesaugt, ich sauge wenn mir auffällt, dass es sein muss. Meine Wohnung ist ok sauber und ordentlich, vor allem jetzt mit sauberem Balkon und aufgeräumtem Keller. Das ist schön und freut mich, ich mag es so. Trotzdem wünsche ich mir, dass sie hier ist, mir sagt, dass sie es schön findet. Dass sie dem Ganzen Wert gibt, es absegnet. Ich selbst reiche mir offensichtlich noch nicht.

Am Abend alles wie immer, keine Besonderheiten, keine Kontakte. Ich würde gerne mit jemandem chatten, kenne aber niemand und weiß ja auch nie wirklich, was ich schreiben soll. Nehme mir vor, mich am Wochenende bei T zu melden, zu fragen, wie es ihr geht.

Ich schaue Somebody Feed Phil in Kyoto und möchte dort auch mal hinreisen, die Stadt wirkt wunderschön.

Um kurz vor 21:00 mache ich das Licht aus.

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