Dienstag, 6. Februar 2024
05.02.24
Montag. Ich bin ab 4:30 wach, trotz spätem Einschlafen. Schaue nach, wer Dschungelkönigin geworden ist und bin zufrieden mit dem Ergebnis.

Stimmung des Tages: Die Zeit vergeht zu schnell. Ich fühle mich allein.

Heute Nachmittag habe ich einen Kontrolltermin beim Kiefernchirurgen und es nimmt mir den Atem, dass ich genau bei S. Arbeitsplatz umsteigen muss. Wieviele fucking Erinnerungen kann man denn in 5,5 Jahren ansammeln? Das ist doch meine Stadt, ich bin hier geboren. Ich war an so vielen Orten schon lange bevor ich sie kannte. Und jetzt ist alles eingefärbt, überall schreit mich Verlust an.

Ich frage mich, wieviele Bahnen zu früh ich planen muss, um pünktlich in der Praxis zu sein, die am anderen Ende der Stadt ist. Ich entscheide mich für drei.

Mir wird so schlecht, wenn ich an Karneval denke. An das Alleinsein und das scheiß Gedankenkarussell.

Im Moment wäre ich wirklich gerne ein paar Wochen raus aus der Arbeit, raus aus dem Alltag. Mich nur um mich und meine Wunden kümmern. Jemand haben, der sich um alles kümmert, bemuttert werden, weinen. Irgendwas verordnet bekommen, das alles wieder richtet. Gesund werden.

Aber dann hätte ich immer noch niemand in meinem Leben, wenn das vorbei wäre. Es wäre das gleiche wie vorher. Ich habe kein gutes Leben, zu dem ich zurückfinden kann.
Mit Menschen zu tun haben, wird niemals leicht für mich sein. Zumindest kann ich mir das nicht vorstellen. Ich fühle mich mutlos.

Aber ich mache weiter.

In der Mittagspause koche ich für heute und morgen Abend vor. Ich bin wohl grad etwas pingelig mit meinen Essenszeiten aber an irgendwas muss man sich ja festhalten. Und wenigstens esse ich gesund und nicht zu wenig oder zu viel.

Eigentlich war ich auch vor der Trennung schon reif für eine Auszeit. Ich war voller negativer Gedanken, voller Rücken-an-der-Wand-Aggressionen, im totalen Energiedefizit.

Was ist denn heute los? Der Arzttermin? Ja, das stresst aber eigentlich passiert nichts Schlimmes, nur Röntgen. Die Frage, die ich dort stellen möchte? Ja, auf jeden Fall, die stresst sehr bzw. die mögliche Antwort, die wiederum vom Ergebnis des Röntgenbilds abhängt. Also doch, was da heute passiert. Und keinen Menschen zu haben, der das Ergebnis mit mir trägt.

Und das Gefühl das Abgehängtseins. Dass die Zeit zu schnell vergeht, dass ich nicht mitkomme. Dass sie mich überrunden wird mit ihrem neuem Glück, mich abhängen wird.
Dass ich nicht weiß, wohin und im Grunde gar keine Hoffnung habe, weil ich nichts Besseres kenne. Ich kenne nur das Gefühl nicht zu verstehen, nicht mitzukommen, nur zuzugucken. Auch wenn jemand da ist, im Grunde allein zu sein.

Und wie um alles noch schlimmer zu machen, scheint grelle Wintersonne auf mein verkümmertes Ich.

Als sie da war, war sie der Pol, nach dem sich alles ausrichtet und jetzt wo sie weg ist, ist sie das immer noch. Loslassen. Wir driften sowieso schon auseinander. Lass los.

Das ist heute so ein Tag, an dem ich weglaufen möchte, mich verstecken, ablenken. Ein Tag ohne Hoffnung. Ich warte darauf, endlich losgehen zu können, die Bewegung befreit mich vielleicht etwas aus der Starre.

Die Bahnfahrt ist erwartungsgemäß sehr lang aber eine Strecke, die ich eigentlich gerne, weil seltener, fahre. An der Haltestelle vor ihrem Büro muss ich umsteigen und denke daran, dass ich vor 7 Wochen noch dort war. Komme an dem Café vorbei, in dem wir zusammen gesessen haben, denke an diesen Sonntag, an dem ich es so schade fand, dass wir nicht zusammen nach Hause, zu einem gemeinsamen Zuhause, fahren konnten. Was jetzt natürlich gut ist, also dass wir kein gemeinsames Zuhause hatten. Trotzdem ist die Sehnsucht sehr groß und der Gedanke, dass sie vielleicht so nah gerade am Schreibtisch sitzt und nicht mehr zu mir gehört, ist sehr schmerzhaft.

Ich komme 20 Minuten zu früh beim Kiefernchirurgen an und lese im Wartezimmer eine Nachricht von T., sie hat Karten für eine Party am Sonntag und fragt, ob ich mitkomme. Ich bin sicher, dass S. nicht dort sein wird und sage sofort zu. Ein bisschen mulmig ist mir dabei aber besser als zu Hause alleine sage ich mir und fühle das auch. Dann lieber fake it till you make it ohne Alkohol unter 1 Million Jecken.

Die Kontrolle fällt semi aus, ich muss in einem halben Jahr nochmal hin. Vielleicht verliere ich den Zahn doch. Abwarten und Zahnseide nutzen.

Auf dem Rückweg zur Bahnhaltestelle durch die Vorstadt auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt fühle ich mich klein und schwach und finde den Tag schwer. Immerhin muss ich nur einmal 7 Minuten und einmal 4 Minuten auf die Bahnen warten, das ist ein top Anschluss und brauche nur etwas mehr als eine Stunde bis zu meiner Vorstadt, nach Hause. Die letzten 15 Minuten in der Bahn ziehen sich und ich gähne gefühlt jede Minute. Vielleicht einfach Müdigkeit, weshalb sich der Tag so schwer anfühlt. Ich bin erschöpft und möchte in den Arm genommen werden.

Mein Abendessen schmeckt auch nur semi obwohl ich großen Hunger habe. Ich schaue die letzte Dschungelfolge, in der alle nochmal irgendwas behaupten dürfen und wieder bunt angezogen und geschminkt sind aber finde es nicht mehr interessant. Der Dschungel ist vorbei, bis nächstes Jahr.

Um 21:00 gehe ich ins Bett und schaue noch ein paar Hunde- und Katzenfilmchen auf dem Handy vor dem Einschlafen.

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