Sonntag, 7. April 2024
06.04.24
Samstag. Ich stehe um 5:50 auf und koche Kaffee, setze mich an den Schreibtisch. Die Katze ist unruhig, kann sich nicht für einen Schlafplatz entscheiden. Ich blogge und mache meinen Orgakram.

S schickt einen Gruß direkt nach dem Aufwachen mit einem Selfie. Ich freue mich sehr, fühle Liebe, Verliebtheit, Freude. Schicke ein Selfie zurück. Sie ist verreist bis Sonntag und ich bin ganz froh darum. Ein bisschen Angst habe ich vor dem ersten Wochenende, an dem wieder Alltag ins Spiel kommt. Denn die funkelnden Nächte fast ohne Schlaf werden Ausnahmen sein.

Ich erkenne in mir das bekannte Gefühl wieder, dass sie mir Energie abzieht. Ein Gefühl der Unfreiheit, Fremdgesteuertheit. Aber ich erkenne auch, dass das nicht sie macht. Das mache ich, das macht mein Kopf. Ich denke konstant an alles, was ich falsch machen könnte, bewerte alles was ich denke bis ich nicht mehr weiß was ich denke. Meine Unsicherheit zieht mir die Energie ab. Stehe da wie ein Reh im Scheinwerferlicht der vermeintlichen Bewertung von außen, die eigentlich eine Bewertung von innen ist.

S ist nicht da, ich kann dieses Wochenende alles frei entscheiden. Ich bin immer noch genauso ungebunden wie vor einer Woche. Muss es bleiben, wenn sich etwas ändern soll. Es ist alles in meinem Kopf.

Bei schönstem Frühlingswetter gehe ich in Sommerhose zum Baumarkt und möchte sehr viel Erde kaufen für die Balkonkästen. Ich habe rankende Jasmin und viel Zitronenthymian bestellt. Den Kauf von Töpfen bzw. Kästen für den Jasmin verschiebe ich, da ich nicht sicher bin, wie groß die Ballen sein werden. Weil mir so frühlingshaft ist und die Pflanzenreihen so schön bunt sind, stehe ich schließlich mit 3 Pflanzen, einer Vogeltränke und nur 15 Litern Erde an der Kasse. Macht nichts, ich gehe dann nochmal, wenn die bestellten Pflanzen da sind.

Ich bringe alles nachhause und wechsele gut gelaunt ein paar Worte mit dem aufdringlichen Nachbarn von nebenan. Sogar mit dem unangenehmen Nachbarn von unten tausche ich einen Gruß und eine Bemerkung zum Wetter aus. Es ist wirklich klischeehaft schön, die Menschen lächeln auf der Straße und ich auch. Denke an S und fühle Hoffnung in mir blühen.

Dann gehe ich wieder los und kaufe Katzenstreu und ein paar Dosen von sehr fischig riechendem Katzenfutter. Die Katze liebt dieses Futter und ich freue mich, dass sie sich freut.

Ich topfe die gekauften Pflanzen in Tontöpfe um und stelle sie auf den Balkon. Gebe Wasser in die Tränke und lege ein paar Steine in die Mitte, damit da keine Insekten ertrinken.

Nach dem Frühstück sauge ich die Wohnung und fege den Hausflur, danach wische ich durch. Das mache ich nicht gern aber egal, es stand auf der Liste, ich mache es, habe es danach hinter mir.

Bin dann gut durchgeschwitzt und setze mich noch eine halbe Stunde in die Küche, um runterzukommen bevor ich zum Kieser gehe. Ich fahre direkt zum Kieser, das Wetter lädt zwar zu einem Spaziergang ein aber ich möchte nicht abgekämpft dort ankommen, das ist nicht gut für mich.

Ich hatte mir vorgenommen 'durchzuziehen' aber schaffe es nicht bei allen Maschinen. Bei 1-2 habe ich Fragen, nächstes Mal ist begleitetes Training, da bekomme ich dann Antworten. Zwischendurch einfach fragen, denn dafür sind die Leute dort ja da, muss ich mir noch angewöhnen. Bzw. wie jetzt erstmal den Gedanken zulassen, dass das eine reale Möglichkeit ist. Krass, wie sehr ich mich im Schatten, im Hintergrund bewege, nicht auffallen will, nicht lästig fallen will. Wie sehr ich das gewohnt bin.

Auch mit der Frau, die mir meine Karte im Tausch für den Spindschlüssel zurückgibt, wechsele ich Worte über das Wetter. Ich fange sogar damit an und es fühlt sich gut an.

Ich fahre nicht nachhause sondern in die Stadt, mitten in die vollste Stelle, zur Fußgängerzone, zu dem Laden, mit dem ich im Winter ein Date verabredet hatte. Es ist noch nicht so weit, dass ich dort nach Hosen suche, aber ich brauche neue Pullis. Ich habe heute gesehen, dass der Pulli, den ich anhabe, hinten ein Loch am Ärmel hat und es ist nicht der einzige Pulli mit Loch in meinem Schrank. Der ist auch locker 7 Jahre alt und viel getragen, da kommt das vor. Ich möchte etwas Neues haben, ich kann es mir leisten, ich mache das jetzt.

Als ich aus der U-Bahn-Station hochfahre und mir die Menschenmenge entgegenschlägt muss ich lachen. Es sind so übertrieben viele Menschen, ich hasse es so und es ist mir heute fast egal. Ich passe mich an, gehe mal langsam, mal schneller, suche Lücken, bin alleine, passe auch durch kleine Lücken. Mir kommt eine Frau entgegen, in deren Gesicht ich eine Mischung aus Leiden und Trotz lese, das kommt mir bekannt vor. Sie geht genau auf mich zu. Sie hat genug, ist auf dem Rückweg, will hier weg. Wir stoppen kurz voreinander, nur eine Millisekunde, blicken uns an, weichen dann genauso viel zur Seite wie nötig und gehen weiter.

Im Geschäft ist es nicht so voll, wie ich gefürchtet habe. Ich schlendere durchs Erdgeschoss, die anderen Stockwerke sind für spätere Expeditionen. Falte Oberteile auseinander, nehme einiges mit zu den nächsten Tischen. Gehe schließlich in eine Umkleide und probiere alles an. Denke nicht, dass ich furchtbar aussehe. Vieles passt und gefällt mir. Ich schlendere weiter und gehe schließlich mit drei neuen Pullis zur Kasse. Standardsachen für den Alltag, genau was ich gesucht habe. Freue mich und bin stolz auf mich.

Fahre zurück nachhause, werfe den löchrigen Pulli, den ich anhatte, in den Müll. Setze mich eine halbe Stunde auf den Balkon, genieße die milde Luft. Morgen soll es schon wieder grau werden.

Ich habe nichts mehr vor und viel geschafft heute. Koche eins meiner Lieblingsessen und esse vor dem Fernseher. Spüle, mache mich bettfertig. Schaue Let's Dance von gestern. Schaue zu oft aufs Handy, das Ding ist auch so ein Energiemagnet.

Gegen 21:15 meldet sich S und wir texten lange, fast eine Stunde. Ich bin eine langsame Tipperin am Handy, habe es mir nie angewöhnt mit zwei Fingern zu tippen. Das stresst mich etwas. Aber S telefoniert nicht gerne. Es fühlt sich trotzdem nah an, sie schreibt wie sie spricht. Ich weiß nicht, wie ich klinge. Gegen 22:15 mache ich das Licht aus.

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Samstag, 6. April 2024
05.04.24
Freitag. Ich stehe um 6:20 auf und hoffe, dass S noch ein paar Stunden bequem schlafen kann. Ziehe mich an und gehe in der Dämmerung zur Bahnhaltestelle. Es nieselt, ich fühle die letzte Nacht noch, es war schön, ist schön.

Steige eine Station früher aus und gehe am Bach vorbei, so viel Zeit muss sein, auch wenn ich großen Kaffeedurst habe.

Die Katze begrüßt mich aufgeregt, ist froh, dass ich wieder da bin. Ich bin auch froh, sie zu sehen.

Ich logge mich ein, alles wie immer.

Und in mir alles neu. Neu aber nicht unbekannt. Farbflecken im Grau. Warnende Stimmen, trau ihnen nicht. Einfach machen. Fallen lassen in die Arme, nach denen ich mich so gesehnt habe. Nicht nach unten gucken. Jeder Schritt eine Herausforderung, sie ist so viel schneller als ich. Lass dir Zeit, nimm dir Zeit. Sprich mit dem Bach und den Bäumen. Sei verrückt, mutig, gib dir eine Blöße. Nichts zu verlieren, alles zu gewinnen.

Die Arbeit läuft nebenher, ich bin aufgeregt. Habe Angst, die Zügel zu meinem Leben wieder aus der Hand zu verlieren. Zu schnell ja zu sagen, ohne dann auch liefern zu können, zu wollen. Mich zu überfordern. Und doch, ich möchte. Möchte losgehen, endlich, mich bewegen, weg von der Felskante, sehen was danach kommt.

Ich kaufe zwei Karten für ein Konzert der Künstlerin, die wir gestern Abend gehört haben. Das Konzert ist in Hannover, also buche ich auch eine Übernachtung dazu. Aufregend, ich freue mich darauf. Wir hatten darüber gesprochen, deshalb weiß ich, dass sie Lust darauf hat und sie freut sich, als ich es ihr schreibe.

Nach der Arbeit gehe ich einkaufen und erledige ein paar Dinge. Es ist warm, eher schon schwül, ich schwitze und fühle mich unwohl in der leichten Regenjacke.

Lasse mir zuhause ein Bad ein und genieße die Schaumwolken auf der Haut. Koche Lachs in Kokossauce, esse zur Quizshow (6/12, Masterfrage richtig), spüle. Dann eine Änderung, ein anderes Programm, das S gut findet. Die Kochschow schaue ich in 9 von 10 Fällen sowieso nicht. Das andere Programm fesselt mich auch nicht, läuft aber im Hintergrund, während ich mich bettfertig mache. Ich habe wenig geschlafen aber wie am Mittwoch werde ich trotzdem erst abends müde, also jetzt so langsam.

Schreibe K die neue Entwicklung mit S, naja ich deute sie an. Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden. Der Freundschaftsstatus mit K ist nebulös, ich fühle mich unehrlich, bin unsicher. Aber was erwarte ich denn? Ist doch alles gut. Sie ist wie immer. Wir sehen uns am Sonntag zum Vortrag, zu dem S ebenfalls kommt, mit einer Freundin. Ich hatte es geahnt, gehofft, nun ist es so und sogar ohne touch of drama.

Ich schaue Let's Dance, halte den zweiten Werbeblock aus, nur um direkt danach auszuschalten, was eine Verschwendung von Werbungdurchhalteenergie. Mache gegen 21:15 das Licht aus.

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Freitag, 5. April 2024
04.04.24
Donnerstag. Ich schlafe nicht gut, bin oft wach. Ein Traum, in dem auch S vorkam, den ich morgens wieder vergessen habe. Um 5:30 wird die Katze unruhig und ich stehe auf.

Mache mir Gedanken, fast schon Sorgen. Die nächsten Tage, Wochen sind die Feuerprobe für "auf meine Gefühle achten". Ich spüre schon wieder das altbekannte Unwohlsein in meinem Bauch. Was ist das nur? Wer wehrt sich da so vehement gegen Nähe? Wer hat das solche Angst? Wer möchte sich andererseits so dringend unterordnen, das Steuerrad abgeben?

Ich fasse den Entschluss, am Sonntagmittag die Kirmes zu besuchen. Es wird sicher brechend voll usw. aber egal, einfach mal da sein und gucken, wie es ist. Therapeutisch quasi.

Es geht mir vormittags etwas besser, ich fühle mich etwas sortierter. Immer noch unruhig und einen Hauch fremdbestimmt wieder, was meine Wohnung angeht. Merke, dass ich wieder denke, ich muss saugen, damit S nicht meckert. Das ist nicht gut.
Setze mir einen Termin, an dem ich bei der bislang einzigen Therapeutin, die ich herausgesucht habe, anrufen werde. Denn das verdränge/-gesse ich sonst.

Wir schicken uns Herzen, fast wie früher.

Was kann ich tun, damit es nicht wie früher wird?
Zulassen, mich wohl zu fühlen.
Vertrauen.

Unwohlsein liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst an mir selbst. Das muss ich dann auch mit mir selbst ausmachen.

Nach der Arbeit gehe ich ein Rezept abholen und hole die Medikamente in der Apotheke. Hole zwei bestellte Bücher aus der Buchhandlung ab, 'leichte' Lektüre, die für den Strand gedacht ist. Es juckt mich ein bisschen, schon reinzulesen. Beim Metzger hole ich Hackfleisch und Eier und finde diese Normalität irgendwie beruhigend.

Wieder zuhause gehe ich unter die Dusche, ich bin angenehm aufgeregt, es ist ja auch ein Date, das ich mit S habe. Ich koche zwei der Eier hart und mache mir einen Salat, ohne Zwiebeln versteht sich.

Die Quizshow läuft nebenher, ich verpasse für die meisten Fragen das Antwortfenster, man hat ja nur 30 Sekunden auf der App und ich bin abgelenkt. Spüle, häufe der Katze Futter in den Napf, in der Hoffnung, dass ich heute Nacht nicht zuhause sein werde.

Fahre zu S und gehe den Weg, der vor einem Monat so geschmerzt hat nun mit freudiger Erwartung. ein bisschen fremd fühle ich mich immer noch, bin noch nicht sicher, ob ich wieder hier hin gehöre.

Der Abend ist wunderbar, wieder sehr besonders. Keine Ablenkung, nur reden, fühlen, lachen, weinen. So viel Nähe. Ich springe unbeholfen über einen Schatten, öffne mich zitternd. Es wird besser, ist so viel besser.

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