Dienstag, 19. März 2024
18.03.24
Montag. Erster Arbeitstag nach einer Woche Urlaub. Der Urlaub war sehr schön, ich habe mich frei gefühlt. Jetzt also wieder tun, was getan werden muss, damit ich Kaffee und Katzenfutter kaufen kann.

Ich stehe um 4:45 auf, füttere die Katze, koche Kaffee und schreibe über den komischen Sonntag.

Vor der Arbeit steht noch duschen und Das-Vorsichtige-Abziehen-Des-Pflasters an. Das klappt mittelgut, es ziept ganz schön und ich habe etwas Angst um das Tattoo. Scheint es aber gut überstanden zu haben. Beim Blick in den Spiegel danach merke ich, dass die Möwe aufgrund der Position sich sehr stark verzieht, je nach Armhaltung. Das ist etwas Neues, meine anderen Tattoos sind da weniger anfällig positioniert. Es macht mir nicht viel, sie darf sich ruhig bewegen. Die Bedeutung, Erinnerung ist das Wichtigste. Außerdem passt es ja quasi zu einem Vogel.

Bei der Arbeit werde ich zu jemand anderem, zu Arbeits-Ich, merke ich dann. Angespannt, leicht gestresst auch bei harmlosen Aufgaben, ich will Dinge erledigen, hinter mich bringen, mir nicht genauer angucken, will, dass es vorbei geht. Bei manchen Dingen bin ich sicher, mag sie auch, aber allgemein liebe ich meine Arbeit nicht. Ich freue mich nicht darauf, auch wenn sie manchmal eine gute Ablenkung vom täglichen Kummer war und ist. Ich bin jeden Tag froh, wenn sie vorbei ist. Ich dachte immer, dass das eigentlich anders sein müsste. Wie schade es ist, bei etwas, mit dem man so viel Zeit zubringt, sich nicht wohl zu fühlen.
Vielleicht liegt es einfach an der oft unnötigen Anspannung. Ja klar, wahrscheinlich liegt es an mir und ich brauche eine andere Haltung dazu. Ich brauche zu allem eine andere Haltung.

Mir fällt auf, dass ich mich verändert habe seit Anfang des Jahres. Da dachte ich noch, dass ich den vielleicht Urlaub nutzen kann, um stundenlang am Schreibtisch Konten aufzuräumen, die Kennwortliste zu pflegen. Ich dachte auch an den Balkon aber mehr so, falls ich es nicht sowieso schon gemacht habe bis zum Urlaub. Völlig falsche Wettervorstellung, dachte ich kann den Balkon an einem Wochenende vorher erledigen, damit ich den Urlaub nicht damit 'verschwende'. Und ich dachte, ich würde mich im Urlaub vielleicht langweilen. Würde vielleicht doch wieder viel spielen. So wie früher halt, als ich in solchen Zwischendurch-Urlaubswochen verzweifelt versucht habe, Energie wiederzuerlangen, mit den falschen Mitteln, nicht wahr haben wollte, dass stundenlanges Spielen mir keine Energie mehr gibt, keine Zuflucht mehr ist. Als Dinge erledigen nur anstrengend war, als die ständigen Vergleiche mit S mich vollkommen fertig gemacht hatten.

Inzwischen bin ich wie ein Duracell-Häschen draußen unterwegs, genieße den Rhythmus des Gehens, fühle mich dadurch beruhigt, als ob ich auf einem Arm geschaukelt würde. Mir ist meine Unruhe viel bewußter. Es ist weniger Nebel um mich herum, auch wenn das was ich sehe, mir nicht gefällt.

Mache einen Termin für Laserhaarentfernung, bin mir dabei gar nicht richtig sicher, ob mir das nicht zu viel ist im Moment. Aber Beratung tut ja nicht weh. Jongliere mit den Essens- und Einkaufszeiten herum. Nachmittagstermine sind unschön aber die einzige Möglichkeit außerhalb von Urlaub. Vielleicht doch Großeinkauf mal auf Samstag legen.

Die Arbeit drückt auf die Laune, habe keine Lust, auf dem Stuhl zu sitzen. Freue mich darauf, rauszukommen nachher, auch wenn ich dann aufpassen muss mit der Sporttasche. Werde bei Kieser nur Beine, Bauch und Nacken machen, freue mich drauf.

Ich lege etwas in den Schrank, sehe den Kniffel-Block, den wir immer mit im Urlaub hatten, das oberste Blatt ist halb voll geschrieben. Den brauche ich nicht im nächsten Urlaub, allein. Ein kleiner Schock.
Es wird alles ein bisschen egal. Auf ungute Weise. Sinnlos. Ich fühle mich allein, unbeliebt, häßlich, nirgendwo dazu gehörend. Beziehungsweise dieses Gefühl ist wieder deutlicher. Und dazu passend möchte ich untertauchen, mich verstecken. S wird im Nebel verschwinden, zur Fremden werden, wie die anderen. Irgendwann wird sie vergessen, mir zum Geburtstag zu gratulieren und dann werde ich aus ihrem Leben verschwunden sein. Mich nicht mehr trauen, mich bei ihr zumelden.

Puh.

Nichts wie raus aus der Wohnung.

Ich fahre zum Kieser und freue mich, die Beinübungen klappen gut. 5 Tage Pause waren wohl nicht so schlimm, wie ich gefürchtet hatte. Von den Armübungen mache ich nur eine, bei der keine Brustmuskeln beteiligt sind. Rest auch gut.

Auf dem Rückweg fahre ich durch zu meiner Station, es ist relativ spät, ich habe Hunger und es ist komisch, mit der Tasche auf der falschen Seite zu gehen. Rest des Abends wie immer: Essen (ganz lecker), Quizshow (7/12, Masterfrage falsch), Spülen, Bad (das Akku der Zahnbürste scheint kaputt zu sein, entlädt sich zu schnell), Serie im Bett (Constellation).

Mit Kollegin gechattet und wieder gemerkt, dass ich das nicht gut kann, irgendwann wusste ich einfach nicht mehr, was ich schreiben soll. Aber ich glaube, das ist ok, wir kennen uns lange genug.

Um 21:00 Licht aus gemacht.

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Montag, 18. März 2024
17.03.24
Sonntag. Ist der Katze egal, mir letztlich auch. Um 5:00 schreit sie mich wach, bekommt ihr Futter. Um 5:30 stehe ich auf und koche Kaffee.

Ich möchte etwas unternehmen, weiß aber, dass ich das vermutlich nicht tun werde. Noch ein Schontag nach dem Tattoo, kein BH, zumindest nicht für länger, kein Rucksack. Vielleicht ein langer Spaziergang.

Nach dem Bloggen falte ich Wäsche. Der Tag ist im Nachhinein nicht sehr gut erinnerbar für mich, zumindest die Teile, die in meiner Wohnung stattgefunden haben. Mir fällt die Decke auf den Kopf, ich kann nicht in der Wohnung bleiben.
Ich ziehe mich an, den linken BH-Träger über die Schulter gezogen, damit er nicht über das frische Tattoo schrappt, sieht eh niemand unter der Winterjacke. Mache einen Spaziergang zur Kuhwiese, durch den kleinen Park. Setze mich auf den Baumstamm am Bach und höre den Vögeln zu, das ist sehr schön. Ich mache ein kurzes Video, um die Vogelstimmen festzuhalten, es klingt fast exotisch.

Zuhause backe ich Frühstückskekse, die sind ketogen und klingen leckerer als sie schmecken aber sind ein acquired taste, ich mag sie inzwischen ganz gerne.

Nach dem Frühstück habe ich ein Erinnerungsloch, vielleicht habe ich im Handy gescrollt. Es gab nichts zu tun in der Wohnung, d.h. nichts, worauf ich Lust gehabt hätte. Hätte staubsaugen und das Bad putzen können aber wollte nicht.

Um 12:25 gehe ich los zu einem längeren Spaziergang. Ich gehe zum Friedhof, der quasi ein Wald mit breiten Wegen ist, sehr schön. Am Parkplatz dort steht ein Auto, das dem von S ähnlich sieht, kurz flammt Hoffunung auf. Aber was soll sie hier, außer in meiner Hoffnung hat sie hier nichts verloren. Ich setze mich auf eine Bank, auf der ich mit S ein paarmal gesessen habe, wenn sie eine Zigerette rauchen wollte. Sie ist immer noch Teil von mir, immer noch bei mir, in mir, in meinem Kopf. Und fehlt mir sehr, sehr. Ich weine, lasse meine Trauer fließen, das ist das Gute am Friedhof, hier ist das legitim. Entgegenkommende Menschen grüßen freundlich, wundern sich nicht.

Gehe am Baumgrab meiner Mutter vorbei, lege ihr eine kleine Deko aus Blättern und Zapfen auf den Stein. Der Zapfen vom letzten Mal liegt noch drauf, ist nicht durch Regen und Wind heruntergeschoben worden. Ich überlege, ob das sein kann oder ob jemand anders ihn drauf gelegt hat, denn mein letzter Besuch ist ein paar Wochen her. Glaube aber nicht, der hat einfach nur gut da gelegen. Ich gehe den anderen Weg zurück zum Ausgang, fühle mich orientierungsmäßig sicherer auf dem Friedhof, nachdem ich schon letztes Mal nicht verloren gegangen bin.

Am Friedhofsausgang möchte ich auch einen anderen Weg wieder zurück nachhause gehen und biege ab Richtung Sportplatz. Dann eine Straße links ab, mit einer ungefähren Vorstellung, wohin die führt und Neugier, ob es auch so ist. So wie vielleicht S es auch gewollt hätte. Und wie es mir Spaß macht, was ich während unserer Beziehung schlecht zulassen konnte, weil ich mir so herumgeschleudert vorkam. Jetzt geht es sehr gut und macht Spaß.

Der Weg führt dahin, wo ich dachte, wo ich auch heute morgen schon vorbeigekommen bin. Jetzt habe ich eine geistige Verbindung zwischen den beiden Wegen, das ist gut für die Orientierung, falls ich es mir merke. Ich biege nochmal in den kleinen Park ab, weil ich Lust darauf habe. Hinter dem Park steht an einer Ecke ein Pappkarton mit zu verschenkenden Dingen. Ich gehe zwei Schritte daran vorbei, dann wieder zurück, denn es glitzert im Karton und ich mag Glitzer. Es sind zwei große Kerzenleuchter, die ich kitschig schön finde und mitnehme. Wieder zuhause zeigt das Handy 13255 Schritte für heute an.

Dann koche ich das Abendessen für Montag und Dienstag vor, um da Zeit zu sparen. Setze mich danach auf die Couch, lasse den Fernseher laufen ohne hinzugucken, scrolle ohne richtig hinzuschauen. Komischer Tag. Einsamer Sonntag ohne Kontakte außer freundliches Grüßen von Hundebesitzern und Friedhofsgängern. Der Balkon sieht einladend aus im Nachmittagslicht, es ist aber zu kalt, um dort länger zu sitzen, stelle ich dann fest.

Ich bin trüb gestimmt, weil der Urlaub vorbei ist und ich keine Lust habe, ab morgen wieder zu arbeiten. Ich fühle mich überfordert und schlecht in allem.

Ich denke über meine Art auf Texte zu antworten nach. Ich gehe oft nicht auf das ein, was geschrieben wurde. Es geht mir zu schnell, ich schreibe zu langsam, es interessiert doch eh niemand, was ich denke. Ich frage mich, ob es an mir liegt, dass Gespräche versanden und ich nicht interessant erscheine (was ich glaube) und denke, ja klar, an wem sonst. Ich kann nicht unterscheiden, was nur Selbsthäme ist und was ich vielleicht wirklich ändern sollte, weil es ja vielleicht wirklich uninteressant ist, wenn jemand nicht auf das eingeht, was man so schreibt und wenn, nur reagiert und nicht viel von sich preisgibt. Ich kann diese Art Kommunikation nur sehr schlecht und weiß nicht, wie ich es lernen kann.

Ich mache mir einen Salat zum Abendessen, schaue die letzten Folgen der neuen Staffel Phil und mache früh das Licht aus. Nicht so sehr wegen schlimmer Müdigkeit sondern mehr wegen nicht mehr ausreichender Aufnahmefähigkeit. Ich möchte einfach die Augen schließen und mache das um kurz vor 21:00.

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Sonntag, 17. März 2024
16.03.24
Samstag. Ich stehe um 5:50 auf, nach einer Nacht in der ich ungewöhnlich viel auf dem Rücken gelegen habe und deshalb das Gefühl habe, ich hätte nicht geschlafen, was aber nicht stimmt, ich muss geschlafen haben, da ich mehrfach aufgewacht bin.

Nach Kaffee und Bloggen trommelt der Regen gemütlich an die Fenster und ein Morgenspaziergang ist damit scheinbar gestrichen. Aber es wartet ja sowieso erstmal der samstägliche Orgakram auf mich. Jeden Samstag hoffe ich, dass diese Phase vorbei ist und bin dann ganz erstaunt, wenn ich mich daran erinnere, dass es eine dauerhafte Gewohnheit ist, die nicht vorbei geht.

Vermissensanfall beim Gedanken ans Einkaufen. Komisch wie sehr S in mein tägliches Leben, in den Alltag, eingebunden war, obwohl wir nicht mal zusammen gewohnt haben. Vielleicht weil sie genau das war, der Leuchtturm im Alltag.

Ich mache den Orgakram und bin froh darüber. Ein sehr angenehmes Gefühl, einigermaßen den Überblick zu haben. Ich bestelle mir das Deutschlandticket als Chipkarte, damit ich nicht mehr aufs Handyakku angewiesen bin und bin gespannt, ob ich es rechtzeitig zur Kündigungsfrist beim bisherigen Anbieter erhalte.

Dann gehe ich doch spazieren, denn es hat aufgehört zu regnen. Im Park gibt es allerdings große Pfützen, denen ich über aufgeweichten, matschigen Rasen ausweiche. Das Gehen und die frische Luft tun mir gut. Ich kann gut denken, freue mich über meine neuen Gewohnheiten.
Denke darüber nach, ob ich den Freundinnen von S, so wie ich es gesagt habe, zur Hochzeit gratulieren soll. Das drückt und ich möchte dazu eine Entscheidung treffen. Ich denke "Ach ne, mein Bauchgefühl sagt mir, dass das unpassend und aufdringlich wäre". Dann fällt mir aber auf, dass das vielleicht nicht mein Bauchgefühl ist sondern meine allgemeine Überzeugung, nicht erwünscht zu sein. Nicht gemocht zu werden. Dass mein echtes Bauchgefühl vielleicht die spontane Freude für die beiden war, als ich die Bilder gesehen habe. Dass es vielleicht normal ist, diese Freude auszudrücken. Und ja, dann habe ich wieder eine von S Freundinnen in meinen Kontakten und muss ggfs. deren Status dann ertragen oder ignorieren. Das ist dann so. Ich entscheide mich, zu gratulieren und mache das auch sofort. Und ich fühle mich sehr gut mit der Entscheidung und bin ein bisschen stolz auf mich.

Zum Frühstück mache ich mir einen Erdbeersmoothie und schaue Let's Dance von Freitag weiter. Vermisse S. Es wäre schön, sie im Arm zu halten, etwas mit ihr zu unternehmen, Flohmarkt oder Waldspaziergang. Ich fühle Sehnsucht, möchte sie anfassen. Beim Anblick des Wieder Walzer vermischt sich alter mit neuem Schmerz.

Ich schaue auf den Balkonstuhl, der auf S zu warten scheint. Werde mich aber am Wochenende auf keinen Fall bei ihr melden. Also eh nicht, aber an diesem Wochenende besonders nicht. Ich kann ihr nicht Entspannung wünschen und ihr dann meine Sehnsucht schreiben, so sehr ich sie auch fühle. Ich weiß nicht, welchen Anteil hier das Gefühl hat, immer ungewollt zu sein. Aber ich möchte sie nicht zum Weinen bringen, auch wenn sie sich vielleicht freuen würde, von mir zu hören.

Um 14:00 lege ich mich ins Bett in der Hoffnung auf Entspannung aber stattdessen werde ich traurig. Es ist genau die Zeit und die Stimmung, zu der wir uns früher am Wochenende zusammen ins Bett gelegt hätten. Das letzte Mal, ein paar Tage vor unserer Trennung, war das nicht schön. Ich frage mich, was gewesen wäre, wenn es schön gewesen wäre. Ob wir uns dann auch getrennt hätten. Vielleicht nicht so schnell. Vielleicht wäre ich dann aber auch nicht so 'weit' wie ich es jetzt bin. Vielleicht wäre ich dann immer noch schmerzgeplagt, frustriert und voller Selbsthäme.

Kurz weiß ich etwas, das klar und schmerzhaft wahr ist. Als ich es aufschreiben will, ist es schon wieder unklar. Der Satz, den ich in mein Heft schreibe, stimmt so nicht, das war anders, schmerzhafter. Mich von dem Gedanken zu lösen, dass irgendjemand mir etwas geben kann, das mich legitimiert, ist vielleicht die größte Trennung, die ich durchleben muss. Ich bekomme es nicht mehr zusammen, vielleicht habe ich auch Angst, an genau diesen Punkt zu gehen.
Angst wäre auch eine Erklärung für die hektische Suche nach Trost, die mein Hirn veranstaltet, als ich versuche, den Gedanken wiederzufinden. Ich werde traurig, bekomme Lust, Süßes zu essen, viel davon, mich irgendwie abzuschießen. Mache ich aber nicht. Ich gehe nochmal eine kleine Runde spazieren. Fühle mich verwirrt und einsam. Also so wie immer schon, so wie früher, wie schon als Teenager. S hat mir bei allem Frust und Stress auch extrem viel Halt gegeben.

Ich schaue Gender Agenda auf Netflix, mache mein Abendessen warm, esse und spüle. Schaue dann zwei Folgen Phil. Ich bin müde. Vielleicht noch wegen dem Adrenalinausstoß gestern oder der unbequemen Nacht. Vielleicht weil S weg ist. Vielleicht wegen der permanenten Sehnsucht, der Trauer, S zu verlieren, der ich mich geöffnet hatte, die nun mein Innerstes mitzureißen scheint, während sie geht.

Ich mache weiter. Es geht mir besser als zu der Zeit, in der S da war. Das ist wichtig. Auch wenn ich sie sehr vermisse.

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