Sonntag, 17. März 2024
16.03.24
Samstag. Ich stehe um 5:50 auf, nach einer Nacht in der ich ungewöhnlich viel auf dem Rücken gelegen habe und deshalb das Gefühl habe, ich hätte nicht geschlafen, was aber nicht stimmt, ich muss geschlafen haben, da ich mehrfach aufgewacht bin.

Nach Kaffee und Bloggen trommelt der Regen gemütlich an die Fenster und ein Morgenspaziergang ist damit scheinbar gestrichen. Aber es wartet ja sowieso erstmal der samstägliche Orgakram auf mich. Jeden Samstag hoffe ich, dass diese Phase vorbei ist und bin dann ganz erstaunt, wenn ich mich daran erinnere, dass es eine dauerhafte Gewohnheit ist, die nicht vorbei geht.

Vermissensanfall beim Gedanken ans Einkaufen. Komisch wie sehr S in mein tägliches Leben, in den Alltag, eingebunden war, obwohl wir nicht mal zusammen gewohnt haben. Vielleicht weil sie genau das war, der Leuchtturm im Alltag.

Ich mache den Orgakram und bin froh darüber. Ein sehr angenehmes Gefühl, einigermaßen den Überblick zu haben. Ich bestelle mir das Deutschlandticket als Chipkarte, damit ich nicht mehr aufs Handyakku angewiesen bin und bin gespannt, ob ich es rechtzeitig zur Kündigungsfrist beim bisherigen Anbieter erhalte.

Dann gehe ich doch spazieren, denn es hat aufgehört zu regnen. Im Park gibt es allerdings große Pfützen, denen ich über aufgeweichten, matschigen Rasen ausweiche. Das Gehen und die frische Luft tun mir gut. Ich kann gut denken, freue mich über meine neuen Gewohnheiten.
Denke darüber nach, ob ich den Freundinnen von S, so wie ich es gesagt habe, zur Hochzeit gratulieren soll. Das drückt und ich möchte dazu eine Entscheidung treffen. Ich denke "Ach ne, mein Bauchgefühl sagt mir, dass das unpassend und aufdringlich wäre". Dann fällt mir aber auf, dass das vielleicht nicht mein Bauchgefühl ist sondern meine allgemeine Überzeugung, nicht erwünscht zu sein. Nicht gemocht zu werden. Dass mein echtes Bauchgefühl vielleicht die spontane Freude für die beiden war, als ich die Bilder gesehen habe. Dass es vielleicht normal ist, diese Freude auszudrücken. Und ja, dann habe ich wieder eine von S Freundinnen in meinen Kontakten und muss ggfs. deren Status dann ertragen oder ignorieren. Das ist dann so. Ich entscheide mich, zu gratulieren und mache das auch sofort. Und ich fühle mich sehr gut mit der Entscheidung und bin ein bisschen stolz auf mich.

Zum Frühstück mache ich mir einen Erdbeersmoothie und schaue Let's Dance von Freitag weiter. Vermisse S. Es wäre schön, sie im Arm zu halten, etwas mit ihr zu unternehmen, Flohmarkt oder Waldspaziergang. Ich fühle Sehnsucht, möchte sie anfassen. Beim Anblick des Wieder Walzer vermischt sich alter mit neuem Schmerz.

Ich schaue auf den Balkonstuhl, der auf S zu warten scheint. Werde mich aber am Wochenende auf keinen Fall bei ihr melden. Also eh nicht, aber an diesem Wochenende besonders nicht. Ich kann ihr nicht Entspannung wünschen und ihr dann meine Sehnsucht schreiben, so sehr ich sie auch fühle. Ich weiß nicht, welchen Anteil hier das Gefühl hat, immer ungewollt zu sein. Aber ich möchte sie nicht zum Weinen bringen, auch wenn sie sich vielleicht freuen würde, von mir zu hören.

Um 14:00 lege ich mich ins Bett in der Hoffnung auf Entspannung aber stattdessen werde ich traurig. Es ist genau die Zeit und die Stimmung, zu der wir uns früher am Wochenende zusammen ins Bett gelegt hätten. Das letzte Mal, ein paar Tage vor unserer Trennung, war das nicht schön. Ich frage mich, was gewesen wäre, wenn es schön gewesen wäre. Ob wir uns dann auch getrennt hätten. Vielleicht nicht so schnell. Vielleicht wäre ich dann aber auch nicht so 'weit' wie ich es jetzt bin. Vielleicht wäre ich dann immer noch schmerzgeplagt, frustriert und voller Selbsthäme.

Kurz weiß ich etwas, das klar und schmerzhaft wahr ist. Als ich es aufschreiben will, ist es schon wieder unklar. Der Satz, den ich in mein Heft schreibe, stimmt so nicht, das war anders, schmerzhafter. Mich von dem Gedanken zu lösen, dass irgendjemand mir etwas geben kann, das mich legitimiert, ist vielleicht die größte Trennung, die ich durchleben muss. Ich bekomme es nicht mehr zusammen, vielleicht habe ich auch Angst, an genau diesen Punkt zu gehen.
Angst wäre auch eine Erklärung für die hektische Suche nach Trost, die mein Hirn veranstaltet, als ich versuche, den Gedanken wiederzufinden. Ich werde traurig, bekomme Lust, Süßes zu essen, viel davon, mich irgendwie abzuschießen. Mache ich aber nicht. Ich gehe nochmal eine kleine Runde spazieren. Fühle mich verwirrt und einsam. Also so wie immer schon, so wie früher, wie schon als Teenager. S hat mir bei allem Frust und Stress auch extrem viel Halt gegeben.

Ich schaue Gender Agenda auf Netflix, mache mein Abendessen warm, esse und spüle. Schaue dann zwei Folgen Phil. Ich bin müde. Vielleicht noch wegen dem Adrenalinausstoß gestern oder der unbequemen Nacht. Vielleicht weil S weg ist. Vielleicht wegen der permanenten Sehnsucht, der Trauer, S zu verlieren, der ich mich geöffnet hatte, die nun mein Innerstes mitzureißen scheint, während sie geht.

Ich mache weiter. Es geht mir besser als zu der Zeit, in der S da war. Das ist wichtig. Auch wenn ich sie sehr vermisse.

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Samstag, 16. März 2024
15.03.24
Freitag. Die Katze weckt mich um 5:00, um 5:30 stehe ich auf.

Kaffee und Schreibtisch. Ich bin sehr aufgeregt wegen des Tattoo-Termins. Möchte vorher noch Katzenstreu kaufen und vorkochen für heute Abend, falls es später wird. Werfe eine Maschine Wäsche ein.
Spüre mein Herz klopfen. Es wäre mir lieber, wenn der Termin früher anfinge, aber das läßt sich nicht ändern.

Gehe duschen, ich muss noch eine Stunde überbrücken, bis das Tierfuttergeschäft aufmacht. Mache mich fertig, föne und style die Haare.

Gehe zum Tierfuttergeschäft, wo eine Frau mit einem sehr niedlichen Welpen auf dem Arm gerade bezahlt, als ich hereinkomme. Das mag ich an dem Laden, man trifft manchmal nette Hunde. Auf dem Rückweg fängt es an zu nieseln, davon stand noch eine halbe Stunde vorher nichts in der Wetter-App obwohl der ganze Himmel voller grauer Wolken war. Wieso können die das nicht besser?

Dann koche ich das Abendessen für die nächsten zwei Tage vor. Ich habe die Vorstellung, dass der Termin Stunden dauert und ich hinterher völlig fertig bin. Dabei ist eigentlich vom Schätzpreis her schon klar ist, dass es nicht länger als 1-2 Stunden dauern wird. Und es ist auch klar, dass es anders wird als beim letzten Tattoo, bei dem es mir im Vorfeld bereits schlechter ging. Beim dem so viel schief ging, wie bei einer schlechten Beziehung, in der ich zu dem Zeitpunkt ja auch noch war.

Nach dem Kochen habe ich aber doch noch eine Stunde Leerlauf und mache etwas Vernünftiges: ich schreibe.

Die Aufregung ist wie ein Energieleck. Energie fließt ab, Adrenalin läßt mich hochtourig laufen.

Was kann ich während des Stechens tun, um mir zu helfen?
Darauf achten, bequem zu sitzen (soweit möglich).
Verbindung zur Tätowiererin aufnehmen.
Auf mich achten, mich 'im Arm halten'.
An die Möwen, den Nachmittag denken.
Notfalls einen neuen Termin machen.

Wovor habe ich Angst? Vor den Schmerzen? Ja, ein bisschen aber die habe ich ja bei allen bis auf das letzte Tattoo gut ertragen. Ich habe Angst, dass es so wird wie beim letzten Tattoo, wo mein Körper gesagt hat 'Schluß' und ich nicht darauf gehört habe. Wo die Schmerzen, nicht beim Stechen sondern beim Abwischen der Haut, wirklich sehr unangenehm waren, vielleicht einfach weil die Tätowiererin es nicht gut gemacht hat. Wo ich nichts gesagt habe, bis es zu spät war. Wo ich in eine sehr, sehr unangenehme Situation gekommen bin. Wo ich das Gefühl hatte, versagt zu haben.
Ich habe Versagensangst. Die kenne ich ja sehr gut, hat trotzdem gedauert, bis ich sie wiedererkannt habe.

Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering, dass es wieder so wird wie beim letzten Mal.
Egal was passiert, ich bin bei mir. Niemand ist ich.

Und dann gehe ich los. In der Straßenbahn sehe ich, dass S einen Status hat und schaue ihn nach kurzem Zögern an. Lenkt mich vielleich von der Nervosität ab, auch wenn es weh tut. Es sind Bilder der Hochzeit ihrer Freundinnen, ich freue mich für die beiden und schreibe ihr das. Eine kurze Antwort, meine nächste Nachricht wird nicht gelesen. Unangenehmes Gefühl aber ich wollte ja Ablenkung, be careful what you wish for.

Ich mag das Studio, fühle mich in den tiefen Lesersessln des Warteraums wohl. Die Tätowiererin ist freundlich und nett, strahlt Sicherheit aus.
Wir legen Größe und genaue Position des Tattoos fest, dann geht es los. Ich liege ganz bequem und die Dancefloor Musik hat gefühlt ungefähr den Rhythmus meines Herzschlags. Ist mir lieber als die chillige Musik im anderen Studio, zumindest in dieser Situation.
Anfangs sprechen wir ein bisschen, dann fällt mir nichts mehr ein und es fallen nur noch kurze Bemerkungen. Als ich das erste Ziehen spüre, habe ich Angst, dass mein Körper anfängt, wild zu zucken. Macht er aber nicht. Nach einer Weile sagt sie, dass sie jetzt über dem Schlüsselbein ist und es weh tun könnte, ich mache mich auf mehr Schmerz gefasst aber der bleibt aus. Scharfes Ziepen an weicheren Stellen scheint mir mehr auszumachen als die Stelle am Knochen. Der Schmerz ist so wie ich ihn kenne, unangehem aber erträglich. Das Wegwischen der Farbe tut überhaupt nicht weh bei ihr und ich bin sehr erleichtert.

Zwischendurch bewege ich die Füße, korrigiere meine Position aber halte es gut aus, obwohl ich auf dem Rücken und damit auf meiner Narbe liege. Die Liege ist aber sehr gut gepolstert, ich habe keine Narbenschmerzen.
Ich stelle mir vor, dass S hier wäre und meine Hand halten würde. Wünsche mir es. Denke an die Möwen, das Flattern, das Geräusch und den Wind der Flügelschläge. An den Glaubenssprung, den ich an diesem Nachmittag gemacht habe, als S mich fotografiert und gefilmt hat.

Meine Energie reicht für die Sitzung, hätte auch noch länger gereicht. Es dauert nur eine Stunde, die Schmerzen sind völlig erträglich. Sie hat es toll gemacht und ist ab sofort meine Lieblingstätowiererin. Ich bin erleichtert.

Und ich merke, dass die andere Tätowiererin mit ihrem unnötig festen Abwischen der Farbe einfach den Schmerzbogen bei meinem Körper überspannt hat. Vielleicht auch, weil es so unnötig war. Den Schmerz des Stechens kann man nicht vermeiden, diesen Schmerz hätte man vermeiden können. Mein Körper hat sich gewehrt und ich habe nicht auf ihn gehört.

Ich bin froh, dass die Erfahrung diesmal so positiv war. Fahre nachhause, es ist noch so früh. Lege meinen Rucksack ab, gehe auf Toilette und schreibe kurz ein paar Sätze auf. Dann gehe ich eine Runde spazieren, das Adrenalin weggehen, runterkommen. Auf dem Spaziergang regnet es ziemlich, deshalb spare ich mir den Abstecher durch den kleinen Park und als ich fast wieder zuhause um die Ecke biege, sehe ich einen Regenbogen. Wie schön und kitschig passend.

Zuhause sehe ich, dass ich meine Schrift von vorhin kaum lesen kann, da war wirklich noch Adrenalin im Spiel. S hat geantwortet, auch das beruhigt. Sie schreibt von ihrer Arbeit. Ich schreibe auch T, schicke ihr ein Bild vom Tattoo.

Dann Couch, TV und Handy, ganz entspannend. Nach dem Essen fühle ich mich angenehm voll und müde. Es tut mir leid, dass S Stress auf der Arbeit hat und ich schreibe ihr das. Ich würde sie gerne in den Arm nehmen, das schreibe ich aber nicht.
Schaue Let's Dance bis zur zweiten Werbung und verschiebe den Rest auf morgen, mache das Licht aus und merke, dass ich nicht auf meiner Schlafseite liegen kann wegen des Tattoos. Etwas Restunruhe ist noch in mir, aber es dauert nicht allzulange, bis ich einschlafe.

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15.03.24
Freitag. Die Katze weckt mich um 5:00, um 5:30 stehe ich auf.

Kaffee und Schreibtisch. Ich bin sehr aufgeregt wegen des Tattoo-Termins. Möchte vorher noch Katzenstreu kaufen und vorkochen für heute Abend, falls es später wird. Werfe eine Maschine Wäsche ein.
Spüre mein Herz klopfen. Es wäre mir lieber, wenn der Termin früher anfinge, aber das läßt sich nicht ändern.

Gehe duschen, ich muss noch eine Stunde überbrücken, bis das Tierfuttergeschäft aufmacht. Mache mich fertig, föne und style die Haare.

Gehe zum Tierfuttergeschäft, wo eine Frau mit einem sehr niedlichen Welpen auf dem Arm gerade bezahlt, als ich hereinkomme. Das mag ich an dem Laden, man trifft manchmal nette Hunde. Auf dem Rückweg fängt es an zu nieseln, davon stand noch eine halbe Stunde vorher nichts in der Wetter-App obwohl der ganze Himmel voller grauer Wolken war. Wieso können die das nicht besser?

Dann koche ich das Abendessen für die nächsten zwei Tage vor. Ich habe die Vorstellung, dass der Termin Stunden dauert und ich hinterher völlig fertig bin. Dabei ist eigentlich vom Schätzpreis her schon klar ist, dass es nicht länger als 1-2 Stunden dauern wird. Und es ist auch klar, dass es anders wird als beim letzten Tattoo, bei dem es mir im Vorfeld bereits schlechter ging. Beim dem so viel schief ging, wie bei einer schlechten Beziehung, in der ich zu dem Zeitpunkt ja auch noch war.

Nach dem Kochen habe ich aber doch noch eine Stunde Leerlauf und mache etwas Vernünftiges: ich schreibe.

Die Aufregung ist wie ein Energieleck. Energie fließt ab, Adrenalin läßt mich hochtourig laufen.

Was kann ich während des Stechens tun, um mir zu helfen?
Darauf achten, bequem zu sitzen (soweit möglich).
Verbindung zur Tätowiererin aufnehmen.
Auf mich achten, mich 'im Arm halten'.
An die Möwen, den Nachmittag denken.
Notfalls einen neuen Termin machen.

Wovor habe ich Angst? Vor den Schmerzen? Ja, ein bisschen aber die habe ich ja bei allen bis auf das letzte Tattoo gut ertragen. Ich habe Angst, dass es so wird wie beim letzten Tattoo, wo mein Körper gesagt hat 'Schluß' und ich nicht darauf gehört habe. Wo die Schmerzen, nicht beim Stechen sondern beim Abwischen der Haut, wirklich sehr unangenehm waren, vielleicht einfach weil die Tätowiererin es nicht gut gemacht hat. Wo ich nichts gesagt habe, bis es zu spät war. Wo ich in eine sehr, sehr unangenehme Situation gekommen bin. Wo ich das Gefühl hatte, versagt zu haben.
Ich habe Versagensangst. Die kenne ich ja sehr gut, hat trotzdem gedauert, bis ich sie wiedererkannt habe.

Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering, dass es wieder so wird wie beim letzten Mal.
Egal was passiert, ich bin bei mir. Niemand ist ich.

Und dann gehe ich los. In der Straßenbahn sehe ich, dass S einen Status hat und schaue ihn nach kurzem Zögern an. Lenkt mich vielleich von der Nervosität ab, auch wenn es weh tut. Es sind Bilder der Hochzeit ihrer Freundinnen, ich freue mich für die beiden und schreibe ihr das. Eine kurze Antwort, meine nächste Nachricht wird nicht gelesen. Unangenehmes Gefühl aber ich wollte ja Ablenkung, be careful what you wish for.

Ich mag das Studio, fühle mich in den tiefen Lesersessln des Warteraums wohl. Die Tätowiererin ist freundlich und nett, strahlt Sicherheit aus.
Wir legen Größe und genaue Position des Tattoos fest, dann geht es los. Ich liege ganz bequem und die Dancefloor Musik hat gefühlt ungefähr den Rhythmus meines Herzschlags. Ist mir lieber als die chillige Musik im anderen Studio, zumindest in dieser Situation.
Anfangs sprechen wir ein bisschen, dann fällt mir nichts mehr ein und es fallen nur noch kurze Bemerkungen. Als ich das erste Ziehen spüre, habe ich Angst, dass mein Körper anfängt, wild zu zucken. Macht er aber nicht. Nach einer Weile sagt sie, dass sie jetzt über dem Schlüsselbein ist und es weh tun könnte, ich mache mich auf mehr Schmerz gefasst aber der bleibt aus. Scharfes Ziepen an weicheren Stellen scheint mir mehr auszumachen als die Stelle am Knochen. Der Schmerz ist so wie ich ihn kenne, unangehem aber erträglich. Das Wegwischen der Farbe tut überhaupt nicht weh bei ihr und ich bin sehr erleichtert.

Zwischendurch bewege ich die Füße, korrigiere meine Position aber halte es gut aus, obwohl ich auf dem Rücken und damit auf meiner Narbe liege. Die Liege ist aber sehr gut gepolstert, ich habe keine Narbenschmerzen.
Ich stelle mir vor, dass S hier wäre und meine Hand halten würde. Wünsche mir es. Denke an die Möwen, das Flattern, das Geräusch und den Wind der Flügelschläge. An den Glaubenssprung, den ich an diesem Nachmittag gemacht habe, als S mich fotografiert und gefilmt hat.

Meine Energie reicht für die Sitzung, hätte auch noch länger gereicht. Es dauert nur eine Stunde, die Schmerzen sind völlig erträglich. Sie hat es toll gemacht und ist ab sofort meine Lieblingstätowiererin. Ich bin erleichtert.

Und ich merke, dass die andere Tätowiererin mit ihrem unnötig festen Abwischen der Farbe einfach den Schmerzbogen bei meinem Körper überspannt hat. Vielleicht auch, weil es so unnötig war. Den Schmerz des Stechens kann man nicht vermeiden, diesen Schmerz hätte man vermeiden können. Mein Körper hat sich gewehrt und ich habe nicht auf ihn gehört.

Ich bin froh, dass die Erfahrung diesmal so positiv war. Fahre nachhause, es ist noch so früh. Lege meinen Rucksack ab, gehe auf Toilette und schreibe kurz ein paar Sätze auf. Dann gehe ich eine Runde spazieren, das Adrenalin weggehen, runterkommen. Auf dem Spaziergang regnet es ziemlich, deshalb spare ich mir den Abstecher durch den kleinen Park und als ich fast wieder zuhause um die Ecke biege, sehe ich einen Regenbogen. Wie schön und kitschig passend.

Zuhause sehe ich, dass ich meine Schrift von vorhin kaum lesen kann, da war wirklich noch Adrenalin im Spiel. S hat geantwortet, auch das beruhigt. Sie schreibt von ihrer Arbeit. Ich schreibe auch T, schicke ihr ein Bild vom Tattoo.

Dann Couch, TV und Handy, ganz entspannend. Nach dem Essen fühle ich mich angenehm voll und müde. Es tut mir leid, dass S Stress auf der Arbeit hat und ich schreibe ihr das. Ich würde sie gerne in den Arm nehmen, das schreibe ich aber nicht.
Schaue Let's Dance bis zur zweiten Werbung und verschiebe den Rest auf morgen, mache das Licht aus und merke, dass ich nicht auf meiner Schlafseite liegen kann wegen des Tattoos. Etwas Restunruhe ist noch in mir, aber es dauert nicht allzulange, bis ich einschlafe.

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Freitag, 15. März 2024
14.03.24
Donnerstag. Die Katze weckt mich um 5:00 obwohl sie um 3:00 oder so bereits Futter bekommen hat. Ich überlege, nach dem Schreiben spazierenzugehen und stehe auf. Beim Kaffeekochen denke ich, dass das Timing nicht so gut wäre aber ich halte es mir offen, werde es später entscheiden.

Mir fällt auf, dass ich mich körperlich viel wohler fühler als vor der Ernährungsumstellung und Rückentraining. Der Effekt ist noch nicht riesig aber deutlich spürbar. Ich fühle mich leichter und gleichzeitig kräftiger. Klingt klischeehaft und wie ein Werbetext für irgendwas. Vielleicht wegen der unbestimmten Vergleiche.
Mein konkreter Vergleich ist mein Körpergefühl Ende letzten Jahres. Nachts umdrehen ging nur schwerfällig und war mit Rückenschmerzen verbunden. Aufstehen mit Rückenschmerzen, die Beine steif, die ersten Schritte sehr schmerzhaft und gebückt. Das hat sich ganz stark geändert. Ich habe noch manchmal Rückenschmerzen aber nur noch punktuell, die meiste Zeit spüre ich den Rücken nicht oder nur wenig. Ich stehe leichter auf, gehe schmerzfrei in die Küche zum Kaffee kochen. Ich fühle mich viel besser.

Nach dem Schreiben werfe ich ein paar Tüten Müll aus dem Keller in den Hausmüll und gehe dann doch spazieren, meine übliche Runde inklusive Schlenker durch den kleinen Park. Die Luft ist gut, ich hätte aber vorher Asthmaspray nehmen sollen. Keine Hunde, dafür ein paar missmutige Schulkinder, die Wiesen sind taubedeckt und das Wetter macht verlockende Versprechungen.

Wieder zuhause sortiere ich erstmal den Keller fertig, es ist weniger Aufwand als ich gedacht hätte. Ich sichte, was sich an Elektrosachen angesammelt hat und schreibe es auf.

Dann befreie ich zwei blaue Jacken von den Resten eines Papiertaschentuchs, das zwei Maschinen früher leider mit in der Trommel gelandet war. Hätte nicht gedacht, dass da noch etwas von übrig war. Ich lasse die Maschine einmal leer auf 60 Grad mit Reinigungsmittel laufen, war sowieso mal wieder Zeit und hoffe, dass danach alle kleinen weißen Fusseln weg sind.

Nach dem Frühstück dann endlich der Balkon. Fanfaren ertönen als ich mit Putzeimer und Gummihandschuhen die Balkontür öffne und mein Werk beginne. Erst denke ich, dass ich heute nur das Geländer mache, aber als das fertig ist merke ich, dass ich genug Zeit habe für die Fliesen. Lust habe ich nicht, aber wann habe ich die schon und es wäre wirklich schlau, es heute noch zu machen denn ab morgen könnte ich es erstmal 2-3 Wochen nicht machen wegen des abheilenden Tattoos auf der Brust. Also bin ich schlau, tapfer und fleißig und schrubbe den kompletten Balkon. Räume ihn ab, die Pflanzen in die Küche und Tür zu, damit die Katze nicht auf Ideen kommt, entferne das Moos aus den Ritzen, fege und bearbeite schließlich jede Kachel mit Schwamm und reichlich Putzmittel. Schütte 5 Eimer dunkelgrüne Brühe weg, preise mich für die Idee mir Knieschoner zu kaufen und bin froh, dass ich es nicht am Wochenende mache und somit der aufdringliche Nachbar auf der Arbeit ist.

Als alles fertig ist, bin ich stolz auf mich. Ich setze mich in die Sonne auf den Balkonstuhl und möchte gelobt werden. Da S wegfällt schicke ich Fotos an meine Kollegin, die den Balkon-Plan kannte.

Jetzt muss ich noch sehr viel Erde heranschaffen, ich überlege, ob ich die auch liefern lassen kann. Dann endlich Pflanzen und zu den vorhandenen 3 Kästen noch zwei, in denen ich an der Seite Jasmin ranken lassen möchte.

Ich bestelle übers Handy den Elektrosperrmülltermin und finde mich sehr lässig.

Während der Räumerei und Putzerei habe ich auch viel an S gedacht aber irgendwie neutral, zumindest ohne Kummergefühl. Ich mache mir etwas vor, gaukele mir eine Zukunft vor. Gaukele mir Kontakt vor, der nicht realistisch ist. Mein Hirn ist ein Trickster. Aber das hat mich überleben lassen, ich bin ihm nicht böse. Es muss nur lernen, wann es sich besser auf das Reale fokussiert.

Habe Bammel vor dem Stechen morgen. Nehme mir vor, an den Grund zu denken, warum ich mir das Tattoo stechen lassen möchte. Mich an jenen Tag zu erinnern, daran, dass Hoffnung und Vertrauen möglich sind, dass ich das kann.
Es ist das erste Tattoo, das S nicht mitbekommt.

Dann fahre ich zum Rückentraining an der LE, den Trainer kenne ich noch nicht, ganz sympathisch, aber heute trainiere ich nachher nicht mehr, stelle also auch keine Fragen.

Auf dem Rückweg steige ich 3 Stationen früher aus und gehe den Rest zu Fuß. Es ist sonnig und warm, ich schwitze, obwohl ich nur ein T-Shirt unter der Stoffjacke trage. Ich merke die Anstrengung des Vormittags und finde den Weg etwas mühsamer als sonst aber trotzdem ok. Allerdings ist mein Fokus nach Innen gerichtet, vom Weg bekomme ich nicht viel mit. Ich weiß gar nicht mehr genau, woran ich gedacht habe, vermutlich das übliche Gemisch aus Vergangenheit und Zukunft, hilfloses Herumsuchen in der Gedankensuppe.

Nachmittags fragt die Tätowiererin an, ob wir den Termin eine Stunde nach hinten verschieben können. Klar, können wir. Ich habe Angst, dass sie absagt, möchte das morgen unbedingt machen.

Ich sehe den aufgeräumten, sauberen Balkon in der Nachmittagssonne und bin traurig, dass S ihn nicht sieht. Ich kann sie dort im Stuhl sitzen sehen, rauchend, in ihrem Handy scrollend. Ich habe den Balkon das ganze letzte Jahr über nicht geputzt, hatte keine Energie dafür. Und nun habe ich das kindliche Bedürfnis, ihr zu zeigen, dass ich es endlich gemacht habe. "Guck mal, ich kann es."

Dieses Gefühl schwingt seit der Trennung noch bei vielem mit. "Komm zurück, schau mal, ich kann das jetzt alles." Weil ich mir Schuhe anziehe, die nicht meine sind, Schuld auf mich nehme für Dinge, zu denen zwei gehören. Es hatte einen Grund, warum ich keine Energie hatte. Und jetzt ist genug Energie da um Dinge schön, ordentlich, sauber zu machen, weil S weg ist. Weil ich allein bin. Ich mag es sauber und ordentlich und jetzt kann ich alles auch so machen. Der Boden wäre für sie immer noch zu selten gesaugt, ich sauge wenn mir auffällt, dass es sein muss. Meine Wohnung ist ok sauber und ordentlich, vor allem jetzt mit sauberem Balkon und aufgeräumtem Keller. Das ist schön und freut mich, ich mag es so. Trotzdem wünsche ich mir, dass sie hier ist, mir sagt, dass sie es schön findet. Dass sie dem Ganzen Wert gibt, es absegnet. Ich selbst reiche mir offensichtlich noch nicht.

Am Abend alles wie immer, keine Besonderheiten, keine Kontakte. Ich würde gerne mit jemandem chatten, kenne aber niemand und weiß ja auch nie wirklich, was ich schreiben soll. Nehme mir vor, mich am Wochenende bei T zu melden, zu fragen, wie es ihr geht.

Ich schaue Somebody Feed Phil in Kyoto und möchte dort auch mal hinreisen, die Stadt wirkt wunderschön.

Um kurz vor 21:00 mache ich das Licht aus.

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