Mittwoch, 10. Januar 2024
09.01.24
Dienstag. Geburtstag von Simone de Beauvoir.

Um 2:40 Uhr von der Katze geweckt worden, die Hunger hatte. Dann konnte ich eine Stunde nicht mehr einschlafen. Zur Beruhigung die Phantasie schweifen lassen.

Dann wirre Träume. Miss Katz, die Haushälterin (ja, eine richtige Katze) ist so abgelenkt von den ganzen rosa Kugeln, die auf den Boden fallen, dass sie mir keinen Sekundenkleber für meine kaputte Brille besorgen kann. Irgendeine blonde Frau sagt, ich soll nicht so vertraut mit ihr tun, wir wären keine Freundinnen. Wir könnten aber gerne zusammen eine rauchen gehen. Um 5:00 klingelt der Wecker und reisst mich aus einem Wunschtraum. Mein Kopf zwischen ihren Brüsten, sie sagt liebevoll "vielleicht finden wir ja doch einen Weg", ich antworte "aber dann halten uns doch alle für bekloppt" und sie lächelt "ist doch egal".

Ich muss früh raus zu einem Kontrolltermin beim Augenarzttermin. Ich versuche "bei mir sein" zu üben und das läuft ganz gut für den Anfang. Ich achte darauf, wie mir zumute ist, ob ich bequem sitze, ob ich es warm genug habe und wenn nicht, was man da machen könnte (benötige Winterschuhe offensichtlich). Und ich hole mir dort gleich den Termin für die nächste Netzhautkontrolle, etwas vor dem ich unsäglich viel Angst habe. Gut gemacht. Auch die Höhenangstauslösende Fußgängerbrücke auf dem Rückweg nehme ich mit Schwung, die Momente, in denen die doppelspurige Straße unter mir ist, muss ich aber doch wie immer veratmen.

Wieder zuhause bemühe ich mich, mich nicht davon hetzen zu lassen, dass die nächste Runde Videokonferenz schon angefangen hat, das läuft naja mittel.

Die Warterei auf das Paket geht weiter, früh morgens kam die erste Nachricht von DHL, dass es nun (wieder) unterwegs ist. Ich wünsche mir, ich könnte mit jemand darüber reden.

Ich finde mich während des Arbeitstermins selbst inaktiv und unbeteiligt. Es fällt mir unter den besten Bedingungen schon schwer, mich zu konzentrieren oder aktiv teilzunehmen und heute sind miese Bedingungen.

Ich überlege mir, dass ich das Paket am besten erst nach der Arbeit öffne, um auf meine Gefühle zu achten und den Rest des Termins nicht so zerstört zu sein.

14:15 Uhr kommt endlich das Paket und ich mache es sofort auf, kann nicht bis nach der Arbeit warten. Diese Art von Selbstkontrolle (und Selbstschutz) muss ich wohl noch üben.
Ich bin geschockt als ich sehe, dass nicht nur meine paar Klamotten darin sind sondern auch Sachen, die sie für mich gekauft hatte, damit ich sie in ihrer Wohnung nutzen kann. Will sie mich so sehr loswerden? Wieso wälzt sie diese Erinnerungen auf mich ab und schmeisst das nicht einfach weg, wenn sie es nicht mehr sehen will? Ein Karte ist dabei, liebevoll und sehr traurig. Die Formulierung "ein letztes Herz von mir" reißt an der Wunde in meinem Bauch.

Ein alter Aufkleber an dem als Stopfmaterial genutzten Papier ist unbeabsichtigt und auf filmreife Art komisch.



Ich räume die Klamotten in den Schrank, die schmerzhaft nach ihrer Wäsche riechen und Erinnerungen auslösen. Das andere Zeug räume ich einfach aus meinem Blickfeld. Per Testnachricht gebe ich Bescheid, dass das Paket angekommen ist und bedanke ich mich dafür. Es kommt eine lange Nachricht zurück, es geht ihr nicht gut und sie erzählt von ihrer Arbeit, fast wie früher.
Ich freue mich darüber, habe aber auch Angst, dass durch solche Annäherung die Trennung wieder verschwimmt. Bei mir ist das jedenfalls sofort der Fall, vermutlich ist die Angst deshalb berechtigt. Es fühlt sich sofort an wie "sie ist ja gar nicht richtig weg" und ich bin froh darüber aber merke auch, wie sofort wieder alle meine Gedanken davon magnetisch angezogen werden und das "bei mir sein" unendlich schwerer wird. Ich habe Angst, umso härter zu fallen nach so etwas.

Für eine Antwort habe ich keine Zeit, sage ich mir, ich muss los zum Beratungstermin und fühle mich unter Druck, denn eigentlich "müsste" ich auf so eine Nachricht doch sofort antworten. Ist es richtig, mir erstmal Zeit damit zu lassen?

Ich bin gespannt auf die Beratung, möchte mir Unterstützung dabei suchen, meinen Weg zu finden. Das Gespräch ist sehr gut, ich erzähle davon, was ich glaube, wie es zu meinen Problemen gekommen ist und hole dabei weit aus. Der nächste Termin wird erst in fünfeinhalb Wochen sein aber ich bin froh, diesen Leuchtturm in der Zeit zu haben.

Wieder zuhause ist es bereits fast 20:00 Uhr und ich habe außer einer Banane nichts gegessen seit dem Frühstück. Ich esse ein paar Nüsse und antworte endlich auf die Nachricht von S.. Es kommt nur eine knappe Antwort zurück.

Außerdem werde ich sehr unerwartet von einer Kollegin gefragt, ob ich am Donnerstag mit auf ein Orgelkonzert kommen möchte. Das freut mich sehr, ich sage sofort zu.

Ich bin müde. Falte noch die Wäsche und spüle das Geschirr, dann mache ich mich bettfertig, ziehe eines der nach S. riechenden Shirts an und lege mich schlafen.

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Dienstag, 9. Januar 2024
08.01.24
Montag. Geburtstag von Elvis Presley. Das neue Jahr wird langsam zur Normalität, zumindest auf dem Kalender. Tag 12 nach der Trennung. 4 Tage nicht geraucht.

Um 4:00 Uhr von der Katze geweckt worden, Futter serviert und dann wieder ins Bett aber der Schlaf war vorbei. Also wieder aufgestanden, Kaffee gekocht und gebloggt.

Der Knoten von Trauer und Verlust, den ich gestern so stark gespürt habe, scheint sich nun dauerhaft in Magen/Brust/Hals festgesetzt zu haben. Keine plötzlichen Schocks und Heulanfälle mehr aber ein dauerhafter dumpfer Druck, ähnlich wie Angst.

Die Schulferien sind vorbei, es geht jetzt also arbeitsmäßig richtig los mit dem Jahr. Ich bin sowas von nicht bereit.

Vor der Arbeit Organisatorisches. Festgestellt, dass zum geplanten Herbst-Kurzurlaub die Catsitterin nicht kann, also muss ich das ggfs. verschieben.

Kurz vor 8:00 Uhr. Normalität wäre jetzt ein "Guten Morgen mein Schatz! <3 Ich wünsche dir einen schönen Tag!" per Handy. Das war die Normalität von letztem Jahr, von der ich noch nicht entwöhnt bin. Wieder habe so ein Parallelwelt-Gefühl, als ob ich es einfach schreiben könnte, als wäre diese Normalität noch irgendwo real vorhanden außer in meiner Erinnerung. Ich schreibe aber natürlich nichts und arbeite weiter.

Erkenntnis des Tages: Ich kann nichts mehr ändern von dem, was schief gelaufen ist. Das Einzige, was ich jetzt noch beeinflussen kann, ist wie es weitergeht mit mir und meinem Leben.

Ich warte auf das Paket von S., das DHL mir angekündigt hat. Unsere vermutlich vorerst letzte Interaktion. Die Warterei macht mich nervös und macht mir auch irgendwie Angst und Bauchschmerzen. Meine Sachen zu sehen, was hat sie eingepackt, hat sie was dazu geschrieben. Und wenn das die letzte Interaktion ist, macht mir das auch Angst. Wirres Gemisch aus Angst, Liebe, Sehnsucht, Verletzheit, Scham, Schmerz.

Zwischendurch habe ich das erste Mal ganz kurz ein Vergangenheitsempfinden für die Beziehung. Ich will aber noch nicht loslassen, habe Angst davor. Ich bin noch nicht so weit, loszulassen. Ich kann ihr nicht mal von Herzen alles Gute wünschen weil alles Gute bedeutet, dass ich nicht mehr dabei bin, dass sie über mich hinweg ist und bei irgendeiner anderen Frau bekommt, was sie sich wünscht. Ich wünsche mir, dass ich ihr das bald wünschen kann. Aber noch bin ich nicht so weit.

Ich habe Angst vor dem Zurückgelassen sein, ausgemistet sein. Ihr Leben, ihre Welt dreht sich weiter und ich bleibe allein zurück.

Sehr lange Videokonferenz, teilweise ablenkend wenn ich was erklären kann aber wenn ich zuhören muss, schweifen meine Gedanken ab.

Danach gehe ich schnell einkaufen, hoffe, das Paket nicht zu verpassen.
Kochen, Essen, Spülen, Fahrplan für Arzttermin morgen früh checken.

Um 19:00 Uhr sehe ich in der Paketverfolgung, dass es heute nicht mehr kommt. "Mögliche Gründe: Abbruch der Zustelltour aufgrund von Krankheit, Unfall, Überschreitung der Arbeitszeit." Dann also morgen, vielleicht.

Ich bin müde. Müde von einem vollen Tag Bauchweh wegen eines Pakets, das nicht gekommen ist. Müde von der Trauer, müde von dem Gefühl der Wertlosgikeit, des Schuldseins, des Zurückgelassenwerdens. Und zu alldem noch 7 Stunden Videokonferenz, wobei ich zwischendurch die Kamera abgeschaltet habe, das war ok, es ging ja nur um eine technische Sichtung.

Ich gehe selbst für meine Verhältnisse früh ins Bett.

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Montag, 8. Januar 2024
07.01.24
Sonntag. Ich mag keine Sonntage.

Heute vor 6 Jahren, es war auch ein Sonntag, wurde ich von meinem besten Freund verlassen. Das schmerzt immer noch und vermischt sich heute sehr schön mit dem aktuellen Trennungsschmerz. Gefühlt habe ich in den letzten 6 Jahren nichts erreicht aber meinem Gefühl ist ja eh nicht zu trauen.

Um 12:30 Uhr war ich gerade kurz aufgewacht und lag so, dass ich das Fenster sehen konnte, da ging draußen eine verspätete Rakete los. Ein lauter Knall, ein paar rote Funken, es wirkte als ob die Rakete zu früh losgegangen wäre. Kurz gewartet, ob jemand um Hilfe schreit und ich den Notarzt rufen muss. Dann das gekippte Fenster geschlossen und auf die andere Seite gedreht. Und dann kam ein Angstanfall, wie ich ihn zum Glück nur noch selten habe. Als ich klein war, kam das öfter vor. Der Knall, das Erschrecken, schien was getriggert zu haben.
Angst ohne Namen, ohne Form, Angst die mich bewegungslos, schwitzend im Bett liegen läßt. Die Vision einer Hand.
Dankbarkeit, dass ich das Gewicht meiner Katze auf mir spüren konnte.
Der Anfall dauerte nur 1-2 Minuten und ich konnte dann wieder einschlafen.

Um 5:00 Uhr aufgestanden, Katze versorgt, Kaffee gekocht, an den Schreibtisch gesetzt, alles wie immer, nichts wie immer. Mir gewünscht, ich hätte ein Spiel, das mich fesselt. Gebloggt.

8:30 Uhr. Es ist dunkel draußen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich will nicht allein sein.
Kann mich nicht konzentrieren.

Immer wieder überrumpeln und überrollen mich Trauer und Verlassenheit. Das Gefühl, endgültig allein zu sein, lebenserstickend allein.

Kleiderschrank und Unterbett-Aufbewahrungsdinger ausgeräumt und sortiert. Viele Erinnerungen, viele Altlasten. Zeug, in das ich schon ewig nicht mehr hineinpasse und immer weiter behalte weil ich könnte ja bald wieder reinpassen. Ich sortiere ein paar Sachen aus, die ich nicht gerne trage und lege ein paar Wollsachen in den Schrank, da es ja kalt werden soll ab morgen. Ansonsten ordne ich nur. Klamotten sind auch so ein Leidensthema. Es gibt kaum etwas, in dem ich mich wohl fühle, da ich mich ja eh nie in mir wohl fühle. Egal jetzt, an diese Baustelle gehe ich noch nicht ran.

Der Sonntag hat es echt in sich, was Trauer und Sehnsucht angeht. Ich möchte so gerne jetzt mit S. spazieren gehen. Stattdessen gehe ich alleine, mache eine große Runde, anderthalb Stunden, 8078 Schritte.

Wieder zuhause mache ich mir einen Tee und versuche es mir auf der Couch gemütlich zu machen aber ohne Erfolg. Ich lege mich eine halbe Stunde ins Bett, schlafe wohl auch ein paar Minuten.

Ich hasse Sonntage. Allerdings war ich auch in der Beziehung ab Sonntagnachmittag immer alleine, ist jetzt also eigentlich alles wie immer.

Die Katze hat heute auch einen Quengeltag. Vielleicht hasst sie Sonntage auch.

Erkenntnis des Tages: Ich sage oft Ja, ohne auf meine Gefühle zu schauen, aus Angst sonst negativ bewertet zu werden oder allein zu sein. Und dann bin ich überfordert, ziehe mich komplett zurück und sage oft Nein. Und aus Angst, dadurch negativ bewertet zu werden, ziehe ich mich noch weiter zurück und bin dann ganz allein. Meine Gefühle zu erkennen und zu respektieren und zu wissen, was ich in dem Moment kann und möchte und dann erst zu entscheiden, ob ich Ja oder Nein sage, das wäre mal ein gutes Ziel.

Auch der Rest des Tages war von Trauer, Verlustgefühl und Grübeleien durchzogen. Abendessen gekocht, gespült, bettfertig gemacht. Ein halbe Stunde lang versucht, eine normale Deutsche zu sein und den Tatort zu gucken aber der war mir zu gewollt, wie so oft. Licht ausgemacht um kurz vor 21:00 Uhr.

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