Donnerstag, 4. Januar 2024
03.01.24
Mittwoch. Der Wochentag, an dem wir uns sonst immer gesehen haben und Tag 7 nach der Trennung.

Nachts nur einmal aufs Klo gegangen und Wasser getrunken.

4:40 Uhr wach und aufgestanden, Kaffee gekocht. Der Wecker hätte sowieso heute früher geklingelt, da ich mich früh einloggen muss, um für die Arbeit etwas zu erledigen.

Den Blogeintrag über gestern fertig geschrieben. Ich glaube, ich muss mich irgendwann kürzer fassen. Aber das wird sich schon einpendeln. Im Moment ist immer noch Alarm. Das alte Leben bricht weg, ich will es festhalten, habe Angst vor dem Neuen, vor dem Alleinsein. Ich möchte den Schmerz festhalten, weil ich Angst habe, dass danach gar nichts mehr kommt. Nichts außer grauer Einsamkeit.

Rezept beim Hausarzt bestellt per Mail. Bin gespannt, ob das klappt.

Ich muss auch aufpassen, nicht zu glauben, dass ich diesem Blog irgendwie Rechenschaft schuldig bin. Es soll vor allem ein Ventil bleiben. Über das ich im Moment halt viel Alltag ablasse, weil der sich schmerzhaft verändert (und ja auch verändern soll).

Die Therapeutin hat noch nicht geantwortet. Von einer Antwort gehe ich fest aus, ich male mir also aus, dass ich etwas falsch gemacht habe bei der Mail. 3x die Adresse kontrolliert. Habe ich so schlimm formuliert, dass sie erst lange nachdenken muss, bevor sie mir eine vernichtende Antwort schickt? Natürlich ist sie vermutlich einfach in Urlaub oder sonstwie verhindert aber ich bin stark verunsichert. Ich beruhige mich, zweifele wieder, kontrolliere meinen Maileingang, repeat.

Es fällt mir schwer, mich auf die Arbeit zukonzentrieren, d.h. noch schwerer als sonst. Der Kopf kreist um das was war und das was vielleicht sein wird in einer Zukunft, zu der ich den Weg noch nicht kenne.

10:15 Uhr sehe ich die Antwortmail der Therapeutin und bin erleichtert.

Das Paket mit ihren letzten vergessenen Dingen fertig gemacht und einen kurzen Brief dazu geschrieben. Krass, wie schwer mir das fällt aber ich konnte noch nie gut mit der Hand schreiben. Linkshänderin, immer alles verschmiert, zu verkrampfte Handhaltung und jetzt natürlich komplett aus der Übung dank Handy und Email.

Pancakes mit Bananen und Himbeeren zum späten Frühstück, sehr lecker. Habe brav aufgegessen.

Arbeitsmäßig ist es ruhig und ich habe Zeit zum Grübeln. Um kurz vor 14:00 Uhr merke ich, dass ich müde werde. Das ist so meine Zeit, da habe ich immer ein Tief. Naja, was heißt Tief, es kommt danach meist keine Aufwärtsbewegung mehr für den Tag. Meine Energie reicht ca. von 5:00 - 14:00, das sind immerhin 9 Stunden.

Um 15:46 Uhr mit dem Rauchen aufgehört. Ich bin sehr unsicher, ob ich es durchhalte. Das Rauchen tat mir nicht gut und ich möchte mir doch schließlich dieses Jahr gut tun. Bzw. lernen, mir gut zu tun. Dieses "mich kurz aus der Zeit nehmen" muss ich nun anders bewerkstelligen - oder darauf verzichten und in der Zeit bleiben, in der ich ja eigentlich sowieso bleibe.

Nachmittags eine Dreiviertelstunde Spaziergang, um vor die Tür zu kommen, mich zu bewegen, wenigstens einmal am Tag.

Reste von gestern aufgewärmt und vor dem Fernseher gegessen, Rateshow geguckt. Konnte mich kaum konzentrieren, zu viel gegrübelt, zu viele Gedanken und Gefühle und Träumereien, die niemals wahr werden, den ganzen Tag.

Im Bett noch 2 Fogen der Serie geguckt, es ging eine zweite Staffel, yay. Aber hat mich nicht gepackt. Anscheinend sind Reels das einzige Format, für das ich gerade die Nerven habe.

Ihre Mail war so nett, es war sogar eine Frage drin. Da antwortet man doch drauf, wieso mache ich das nicht, kann ich denn gar keine sozialen Regeln. Gefühlt, dass ich fremdele vor ihr, die bis vor einer Woche noch meine Partnerin war. Darf ich sie noch ansprechen? Immer ziehe ich mich komplett zurück in diese Leere, in der ich vor Einsamkeit so unendlich traurig werde. Aus Angst vor den anderen, was sie sagen was sie denken, was ich alles nicht verstehe.

Kurz, ich habe ihr auf die Mail geantwortet. Nichts, für das ich mich schämen muss oder bereuen werde, also vom Text her.

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Mittwoch, 3. Januar 2024
Ungenügend
Ich war einfach umfassend überfordert. Wie in einem ständigen Blackout. Nebel im Kopf, kein klarer Gedanke mehr. Keine Antworten. Ungenügende Leistung, setzen.

Ich war so oft gereizt, ständig unter Druck, etwas anders, besser machen zu müssen. Ständig im vermeintlichen Bewusstsein, nicht zu genügen, falsch zu sein, nicht performant. Nicht cool, witzig genug.

Das wandelnde Klischee von Kindheitsschleife auf Dauerwiederholung. Unreif, unfähig.

Dabei fand ganz viel davon nur in meinem Kopf statt. Nach außen passing as human, nach innen ständig in einer alptraumhaften grauen Welt, ohne Orientierung.

Dann endlich ausgesprochen, was ich zig mal im Kopf gesagt hatte. "Dann trennen wir uns jetzt, Ende." Es kam nicht mal von ihr.

Nicht unsere erste Trennung aber diesmal die letzte. Das ist uns beiden klar, war bereits klar, als sie ihre Sachen gepackt hat. Sie hat keinen Einspruch erhoben und ich habe nicht damit gerechnet.
Es war schon lange klar, dass es nicht weitergeht, es musste nur ausgesprochen werden. Wir hatten beide Angst davor. Denn es war genug Liebe da, um es doch immer noch etwas länger auszuhalten.

In den Stunden danach habe ich gefühlt, wie der Druck von mir abfällt. Zwischen den Schmerzwellen, in denen mir der Verlust klar wurde, auch immer wieder Erleichterung.

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02.01.24
Dienstag.

Unruhige Nacht, oft aufgewacht mit viel Durst. Um 5:00 Uhr schließlich aufgestanden, Kaffee gekocht, Katze versorgt und an den Rechner gesetzt. Gebloggt. Mein Deo und eine Seife bestellt, die es hier im Laden nicht gibt.

Eine Zigarette auf dem Balkon geraucht. Die Nacht war nicht erholsam, ich bin müde und traurig.

Geduscht, nach 3 Tagen das erste Mal. Ab heute geht die Arbeit wieder los. Ich mache jetzt seit 3 Jahren fast nur noch Homeoffice. Es kommt mir gar nicht so lang vor.

Eingeloggt nach 10 Tagen Urlaub. Alles ist wie immer. Und alles ist anders, weil S. nicht mehr zu meinem Leben gehört. In meinem Leben klafft nun überall ihre Abwesenheit.

Zwischendurch schicke ich die Mail an unsere Paartherapeutin ab. Nächste Woche hätten wir den nächsten Termin gehabt. ... Wir beenden die Therapie, wir haben uns einvernehmlich getrennt, es ist traurig aber so am besten ...

Lauter Abschiede, alles loslassen, überall den Schmerz spüren.

Die Audiokonferenz mit dem Team ist wie immer, als ob nichts passiert wäre. Aber ich fühle mich wie ein anderer Mensch, wie komplett aus dem Alltag gefallen. Das merkt aber niemand.

Per Mail das Hotel für unser Wochenende abgesagt, es fallen Gebühren an, die ich sofort überweise. Wir hatten uns seit Jahren vorgenommen, mal in diesem Städtchen zu übernachten, dann hatte ich endlich gebucht und sie damit überrascht. Ich war stolz, mal diejenige zu sein, die eine Reise organisiert. Dann musste der Ausflug erst wegen Krankheit verschoben werden und nun wegen der Trennung abgesagt.

Loslassen. Fällt mir sehr schwer.

Spätes Frühstück. Es lohnt nicht, Zutaten für eine Einzelportion einzukaufen, dabei wird zu viel schlecht. Also gibt es wieder Pastinaken-Pancakes. Ich kriege nicht alles runter, obwohl es gut schmeckt. Aber dem Kind in mir kullern Tränen über die Wangen und es dreht den Kopf weg. Ich zwinge es nicht zum Essen. Der Appetit wird wieder kommen.

Halbherzig gearbeitet, ich bin abgelenkt. Rauche zu viel. Halte mich zu sehr an dem fest, was ich noch organisieren muss. Ich bin nicht bei mir, wie es wohl heißt in solchen Fällen. Um mich herum Abgründe aber ich gucke nicht hin, pfeife ein Liedchen und starre auf meine Aufgaben. Ich gestatte mir keine Zusammenbrüche.

Überlegt, was ich mir Gutes tun könnte aber es fällt mir nichts ein. Es fällt mir wirklich nichts ein, womit ich mir eine Freude machen könnte. Also worüber ich wirklich Freude empfinden würde. Kein Wunder, dass es mir so leicht fällt, Leute von mir fern zu halten. Was für ein Sauertopf bin ich eigentlich?

Draußen Dauerregen.

Dann habe ich doch etwas gefunden. Beim Scrollen in Mastodon einen guten Artikel über Maren Kroymann gefunden und gelesen, daraufhin spontan ein Ticket für Maren Kroymann live gekauft. Ist zwar erst in zwei Monaten aber was solls, da freue ich mich drauf!

Stichpunkte zum Urlaubsplan aufgeschrieben, den ich diese Woche einreichen soll. Nach 6 Jahren wieder die freie Auswahl, was ich wann machen möchte. Kein Stress mehr, wegen unterschiedlicher Vorstellungen von Urlaub. Das ist positiv. Doch, das ist positiv. Aber ich sehne mich doch grad so nach unseren Urlauben.

Nach der Arbeit durch den Regen zur Post gegangen. Draußen ist ebenfalls alles grau und sehr ungemütlich und der Schirm verstärkt den Tunnelblick. Paket gekauft, bzw. ein Stück Pappe, das zum Paket wird, wenn man es korrekt faltet. Außerdem Luftpolsterfolie, mehrere Paketscheine (falls ich mich verschreibe) und schwarze Stabilos. Ich habe Bauchschmerzen vor dem Brief, den ich zum Paket legen will. Was mir schwer fällt, ist das Schreiben, nicht die Formulierungen. Ich hoffe, die Stabilos helfen.

Zum Abendessen Reste von gestern. Ich esse auf der Couch im Wohnzimmer, vor dem Fernseher. Illusion von Geselligkeit, klar. Aber wenn es vielleicht hilft? Ich schaue eine Rateshow, die ich gerne mag und rate laut mit. Das ist ok. Besser als im Bett zu essen.

Gespült und mich bettfertig gemacht. So richtig mit Gesichtwaschen, Zahnseide vor dem Zähneputzen usw., was gut ist, denn das vernachlässige ich sonst oft.

Dann Netflix im Bett. Um 21:00 Uhr, pünktlich zum Ende der Staffel, kommt ein Angstanfall, plötzlich und sehr schnell. Ich spüre wie die Welle mich überrollt. Ich sehe mich krank, alt, allein, hilflos, mittellos, hoffnungslos, sinnlos. Die Welt wird zu einem Geisterhaus.
Ich stehe auf, gehe durch meine Wohnung, streichele meine Katze, mache Licht an. Nichts ist gut aber ich darf nicht in diesen Abgrund fallen. Es gibt niemand, der mich da wieder rausholt.

Zum Einschlafen eine Folge Wohnung 17 auf dem Handy geschaut und mich über die unglaubliche Farbharmonie gewundert. Wohnung, Klamotten, Haarfarben, alles top aufeinander abgestimmt. Sogar das Essen.

Beim Einschlafen gedacht, dass ich vielleicht doch jetzt schon mit dem Rauchen aufhöre.

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Dienstag, 2. Januar 2024
01.01.24
Montag, Neujahr. Tag 5 nach der Trennung.

5:45 Uhr wach, 6:00 Uhr am Rechner. Langen Blogeintrag geschrieben. Ich bin eine langsame Schreiberin, suche nach den richtigen Formulierungen, sie müssen sich im Bauch richtig anfühlen.

Auf dem Balkon geraucht. Aufhören wird bald zum Thema werden aber nicht heute. Gehört auch nicht zu meinen Neujahrsvorsätzen.

Die Küche von ungesundem Essen befreit, denn das gehört zu meinen Vorsätzen. Katzenklo gesäubert.

Ich habe niemanden zum Reden. Allein schon aus mangelnder Gewohnheit, wüßte ich auch gar nicht, was ich erzählen soll.
S. und ich sind kein Paar mehr. Und du so?
Ohje, wie geht es dir damit?
Meine Stimmung ist zurückgezogen, ich fühle mich abwesend und grau. Das will doch niemand hören.

Eine Liste der noch gemeinsam geplanten Termine erstellt. Dahinter jeweils geschrieben, zu welchen der Termine ich nun alleine gehe, zu welchen S. nun alleine geht. Welche komplett abgesagt werden müssen, wie der Wochenendausflug, den ich ihr zum Geburtstag geschenkt habe. Aus welchen WhatsApp-Gruppen ich raus will, weil ich nicht mehr dahin gehöre und weil es sowieso zu sehr schmerzen würde, dort noch mitzulesen.

Müll rausgebracht und am Büdchen Tabak geholt.

Gefrühstückt nach meinem Low Carb Wochenplan. Pastinaken-Pancakes oder so ähnlich. Es ist angenehm, wieder nach Plan zu essen und es schmeckt ganz gut, auch wenn ich eigentlich nicht wirklich Hunger habe.

Dann eine Mail an S. formuliert wegen der Termine und der WhatsApp-Gruppen. Und um ihr zu sagen, dass ich sie zu sehr vermisse, um sie in nächster Zeit zu treffen. Es würde zu weh tun. Die restlichen Sachen möchte ich per Päckchen austauschen, es ist nicht mehr viel. Vor dem Abschicken länger gezögert, denn in der Mail ist soviel Endgültigkeit. Andererseits auch Druck gespürt, die Mail abzuschicken, damit sie mir nicht zuvorkommt. Wenn S. etwas entscheidet, setzt sie es meist gleich um. Ohne große Absprache. Ich möchte mir diese Entscheidungen aber nicht aus der Hand nehmen lassen. Zigarette geraucht auf dem Balkon. Die Mail abgeschickt.

To-dos für die kommende Woche aufgeschrieben, eine Mail an unsere Paartherapeutin angefangen, die aber noch nicht abschickbar ist. Die Therapeutin war gut, sie kann nichts dafür.

Mit dem Handy auf der Couch gesessen und ihre Abwesenheit gefühlt.

Angst bekommen, dass meine Mail an S. zu extrem war. Das ganze Organisatorische. Aber ich kann das nicht auf mich zukommen lassen, ich bin dafür nicht spontan genug. Ich brauche das Gefühl der Kontrolle, des Planens.

14:40 Uhr Netflix mit Notebook auf dem Bett.

Dann kommt die Antwortmail, liebevoll, zustimmend. S. ist spontan, sie braucht nicht lange, um zu formulieren. Ich hatte geschrieben, dass sie sich die Zeit nehmen soll, die sie braucht. Aber auch für sie ist die Trennung endgültig und sie schreibt sofort etwas in die Familiengruppe. Große Geste, kein Zögern. Keine Unsicherheit aber viel Gefühl. Ich kann fast unmittelbar danach aus den WhatsApp-Gruppen austreten. Damit ist unsere Beziehung für den Großteil ihres Familien- und Freundeskreises offiziell beendet.

Ich laufe weinend durch meine Wohnung, gebe komische Laute von mir, bemühe mich, leise zu sein in diesen hellhörigen Wänden.

Ich habe es noch niemandem erzählt. Am Samstag wird es meine Kegelrunde erfahren. Meine Kollegin vielleicht nächste Woche.

S. und ich sind völlig unterschiedlich und wir konnten nichts daraus machen. Die Unterschiedlichkeit war immer Quell von Reibung und Konflikt, es gab kaum Synergien.

18:00 Uhr Abendessen nach Plan, Topinambur Püree mit Rinderhack. Die Topinambur hätte ich wohl länger kochen bzw. in gleichmäßigere Stücke schneiden sollen. Manche Stücke sind noch relativ hart. Dann gespült und Küche aufgeräumt. Beim Kochen und Essen fiel mir auf, wie gestresst ich bin. Total angespannt, fast hektisch. Dabei habe ich doch jetzt so viel Zeit.

Nochmal etwas geschrieben. Lautlose Klage ins Internet. Wörter müssen raus, auch wenn mir niemand zuhört.

Netflix bis 21:00 Uhr, dann Licht ausgemacht.
Mein Herz stolpert unruhig vor sich hin. Ich bin allein.

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