Freitag, 26. Januar 2024
25.01.24
Donnerstag. 4 Wochen nach der Trennung.

Das klingt einerseits lang, es dürfte doch gar nicht mehr so schlimm weh tun. Und andererseits kurz, in vier Wochen hört man doch nicht einfach auf, jemand zu lieben.

Ich bin erstaunt, dass es schon vier Wochen sind, ich möchte mich immer noch einfach umdrehen und sie in meine Arme schließen. Sie so eng festhalten wie an dem Nachmittag im April 2018, als ich das erste Mal gemerkt habe, dass sich ein sehr angenehmes Gefühl in mir regt, wenn wir uns so umarmen. Auf die gleiche Weise haben wir uns umarmt, bevor sie gegangen ist am 27.12.23, der Tag, an dem wir uns getrennt haben. Eine enge Umarmung ganz am Anfang, eine ganz am Ende.

In meinem Bauch gesellt sich weiterhin Verliebtheit und Lust zum Schmerz, was es nicht leichter macht. Alles war schwierig, nur nicht die körperliche Nähe, jedenfalls nicht bis zum letzten halben Jahr, als dann zwar nicht die Lust fehlte aber die Sicherheit, mich darauf einlassen zu können.

Ich habe beschlossen, heute Abend auszugehen zu einer vorkarnevalistischen Veranstaltung, bei der ich nicht verkleidet kommen muss. Die frühere gute Freundin, mit der ich mich morgen treffe, hatte mich gefragt, ob ich auch komme. Und ich möchte das machen. Rausgehen, hoffentlich gut unterhalten werden, lachen.

Da ich dadurch nur sehr wenig Zeit zwischen Reisebüro und der Sitzung habe, koche ich morgens vor, um dann nur schnell essen zu können, bevor ich losgehe. Ich möchte mich weiter an den Essensplan halten, dort etwas essen ist mir zu viel Ungewissheit.

Ich finde es schon ziemlich gut von mir, dass ich an einen mir neuen Ort alleine gehe, um inzwischen relativ fremd gewordene Menschen zu treffen - und mich sogar noch darauf freue!

Per Textnachricht gebe ich Bescheid, dass ich heute Abend mitkomme, damit ist es offiziell und beschlossen. Ich sage auch, dass ich alleine komme, weil wir uns getrennt haben. Sie hatte gesagt, ich kann mit Begleitung kommen und ich möchte die Frage, wo denn meine Freundin sei, vermeiden. Lieber jetzt schon sagen, wie es ist und dann heute Abend einfach nur auf das Ereignis einlassen. Morgen erzähle ich dann mehr, wenn wir uns zum Kaffee treffen.

Mittags die schmutzige und vor allen unangenehm aufdringlich hingehaltene Hand des neuen Tiefkühllieferanten geschüttelt. Ich fand das fast schon übergriffig, sowas macht man doch nicht mehr seit Corona. Das nächste Mal würde ich das gerne verweigern, ich weiß nur nicht, wie man sowas anstellt, ohne komisch zu wirken. Bisschen über mich selbst geängert, dass ich nicht schneller reagiert habe, mir nicht schneller beigesprungen bin und direkt das Händeschütteln abgelehnt habe.

Das dürfte wohl eine meiner Haupt-Baustellen sein: zu merken, dass für mich etwas nicht stimmt, dass mir etwas unangenehm ist aber dann nicht zu reagieren, es mit mir machen zu lassen, mich damit schlecht zu fühlen und mich letztlich ins Schneckenhaus zurückzuziehen. Die Angst, komisch zu wirken aka abgelehnt zu werden, muss ich angehen. Ich meine, was hat es mir bislang gebracht, mich von dieser Angst leiten zu lassen? Genau.

Ich bin aufgeregt wegen beider Events heute aber eher positiv aufgeregt. Nebenbei spinnt und webt mein Hirn diverse Träumereien. Es ist schwierig, sich davon nicht einlullen zu lassen.

Ich möchte mich entspannen, bei beidem. Im Urlaub, für den ich heute das Ziel planen möchte und auch heute Abend. Einfach entspannen, nicht ärgern. Es schön haben.

Der Termin im Reisebüro verläuft gut. Ich sage zu Anfang, wie es ist, dass ich seit kurzem getrennt bin und meine Partnerin immer die Urlaube für uns organisiert hat. Dass mir das über die Webseiten zu unübersichtlich ist und ich mich deshalb beraten lassen möchte. Die Fachfrau ist sehr nett und freundlich, wir suchen zusammen zwei mögliche Ziele aus: Spanien Atlantikküste und Kreta. Recht unterschiedlich vom Preis, aber sie war wohl selbst schon in dem günstigeren von den beiden und zeigt mir Handyfotos von ihrem Urlaub dort. Leider schlägt mein Herz eher für das teure Angebot, ich gucke mir das am Wochenende genauer an.

Dann schnell essen und wieder los. Das Handy sagt, kein Regen. Ich packe den Schirm aus dem Rucksack. Als ich aus der Straßenbahn aussteige, regnet es. Aber egal, nasser Schirm ist blöd zu händeln und es nieselt ja nur.

Die Veranstaltung ist toll und ich bin sehr froh, dass ich hingegangen bin. Nicht alle Nummern sind super witzig aber es ist die Generalprobe, der Saal ist voll von Freundinnen und Bekannten der Mitwirkenden und die Stimmung ist großartig. Und manche Nummern sind tatsächlich sehr gut. Ich denke zwischendurch oft an S. aber ich kann auch viel lachen und bemühe mich "mitzumachen".

Es gibt nur eine unangenehme Situation, in der ich merke, wie unsicher und unentspannt ich tatsächlich meistens bin, wenn ich auf Leute treffe. Aber die geht schnell vorbei und besteht eigentlich nur daraus, dass ich abwesend weggucke, nachdem ich drei Worte mit einer Bekannten gewechselt habe, die ich 30 Jahre nicht gesehen habe. Einfach weil ich keine Ahnung habe, was ich sagen soll, wie ich mich geben soll und sie im Gegensatz zu mir als sehr souverain einschätze.

Die Biertischbänke, auf denen wir sitzen, sind hart und unbequem und ich sitze die erste Hälfte des Abend ganz verdreht darauf, weil ich ja zur Bühne gucke. Die zweite Hälfte mache ich es mir etwas bequemer, setze mich rittlings auf die Bank auf meine Jacke. Aber mein Köper protestiert trotzdem und will auf die Couch. Im Vergleich zu manch anderer Frau, die ich dort sehe, fühle ich mich alt und unfit aber ich habe Hoffnung, dass sich durch Kieser etwas daran ändert.

Mit T., der ehemals guten Freundin, habe ich keine Berührungsängste, es ist fast ein bißchen wie früher. Was auch daran liegt, dass sie nicht fremdelt mit mir, trotz der langen Zeit. Trotzdem mache ich mir grundsätzlich Gedanken, ob ich nicht zu langweilig bin. Vielleicht weil ich mich immer zurücknehme, immer fehl am Platz fühle, nicht dazugehörend, nicht berechtigt. Ich finde diese alte Vertrautheit trotzdem schön und hoffe ganz egoistisch auf mehr Kontakt, egoistisch weil ich gefühlt ja nichts zu bieten habe, außer einem Haufen Traumata und der wiedererlangten Energie, mehr auszugehen.

Um 23:50 Uhr liege ich müde im Bett und mache das Licht aus.

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