Mittwoch, 1. Mai 2024
30.04.24
Dienstag. Um 5:00 holt mich der Wecker aus einem Traum, der sofort versinkt. Um 3:50 hatte mich die Katze aus einem Traum gezogen, den ich ebenfalls vergessen habe. Die Nacht kommt mir trotzdem erholsam vor.

Heute gehe ich ins Büro und von dort zum Kieser, im Rucksack sind 1,5 l Wasser, Frühstück, Sportzeug, 2 Handys, 2 Schlüsselbunde, Headset, Kamera und der restliche Kram, den ich so brauche wie Handcreme, Tempos, Portemonnaie usw., er fühlt sich schwer an.

Morgen ist Feiertag, das hebt die Laune. Auf dem Weg zum Büro vergesse ich wieder, durch den Park zu gehen. Ich bin in Gedanken, meine Beine gehen den Weg, den sie jahrelang gegangen sind und es fällt mir erst auf als es zu spät ist, umzudrehen.

K macht heute auch Bürotag, es ist schön, ihr mal wieder gegenüber zu sitzen und die Zeit vergeht etwas schneller so. Ich zeige ihr meine neue Hose, erzähle kurz wie es gerade mit S und mir steht. Die letzte Stunde zieht sich trotzdem, dann fahre ich los zum Kieser. Oder würde gerne fahren, es gibt wieder irgendwelche Störungen, die Bahnen fahren in 'unregelmäßigen' aka für einen Großstadt-Wochentag absurd langen Abständen.

Es ist warm, die Luft fühlt sich sommerlich an. Die Jacke habe ich gar nicht erst angezogen auf dem Weg zu Bahn aber auch der dünne Baumwollpulli ist zu warm. Die Kombination aus hellem Licht und Wärme, dazu die vielen Menschen, die auf die stark verspätete Bahn warten, sind bester Nährboden für Unwohlsein bei mir. Laune und Kreislauf sinken und beim Kieser schaffe ich gerade mal eben die 90 Sekunden an den meisten Maschinen. Die letzte Übung breche ich nach einer Minute ab, weil ich eine Verspannung im Muskel fühle und die nicht verstärken will, außerdem habe ich das starke Bedürfnis, mich irgendwo im Schatten, in kühler Dunkelheit, einzurollen und zu schlafen.

Aber daraus wird erstmal nichts. Die nächste Bahn, die direkt zu mir fährt, kommt in 17 Minuten also fahre ich ein Stück mit einer anderen Bahn, die gerade kommt. Am Umsteigebahnhof stellt sich heraus, dass auch die andere Linie in meine Richtung Probleme hat, die nächste Bahn wird laut Anschlagtafel in 28 Minuten kommen, der Bahnhof ist voll von schlecht gelaunten Menschen, ich möchte mich nicht dazu stellen. Ich gehe ein Stück zu Fuß, im Schatten, eigentlich keine schlechte Idee. Außer dass ich müde bin und einen schweren Rucksack habe, aber besser als Gedränge.
Ich gehe 20 Minuten, bis ich wieder an einer Haltestelle ankomme, an der nun beide Bahnen fahren, zumindest theoretisch. Aber anscheinend fährt gerade keine durch, denn die Bahnen halten, spucken alle Fahrgäste aus und drehen um, keine fährt weiter. Der Bahnsteig ist extrem voll, ich beschließe weiter zu Fuß zu gehen.
Telefoniere mit S, da ich inzwischen so spät dran bin, dass ich mir nicht mehr vorstellen kann, nachher noch zu ihr zu fahren. Und auch zu fertig. Ich gehe bis zur nächsten Station, dort stehen wenig Menschen aber die nächste Bahn soll erst in 15 Minuten kommen. Also gehe ich weiter, will es zumindest, scheitere aber an der Autobahnbrücke, die ich unmittelbar überqueren müsste, um weiterzukommen.

Es geht nicht, die Brücke bewegt sich vor meinen Augen, schließt sich um mich, ich sehe, wie sie bricht und ich in die Tiefe falle. Das alles mit S am Ohr, was, nein, überhaupt nicht hilfreich ist sondern alles noch schlimmer macht. Alleine und mit mehr Ruhe hätte ich es vielleicht geschafft. Ich hätte mir sagen können, dass es doch sehr unwahrscheinlich ist, dass diese Brücke zusammenbricht während ich darüber laufe, aber mit ihr im Ohr, keine Chance. Sie nimmt so viel Raum ein, ist so laut, dass ich mich selbst nicht mehr höre. Das ist vermutlich nicht ihre Schuld sondern meine eigene, ändert aber nichts am Ergebnis.

Ich habe ihr schon oft gesagt, dass ich Höhenangst habe, sie merkt es sich nicht, es ist jedesmal wieder so als ob sie es zum ersten Mal hört, dann ganz erschüttert ist von diesem häßlichen und für sie unbequemen Problem und gar nicht weiß, was sie nun sagen oder machen soll. Das macht mich wütend und einen Moment lang weiß ich wieder, warum ich mich getrennt habe. Ich komme in solchen Situationen alleine viel besser klar.

Ihr hartnäckiges, permantentes Vergessen oder Ignorieren von wichtigen Fakten über mich haut in meine 'ich bin nichts wert' Kerbe. Ich bin es nicht wert, dass sie sich merkt, dass ich Höhenangst habe. Ich bin es nicht wert, dass sie sich das merkt, damit ich nicht jedesmal aufs Neue in einer Angstsituation dann noch erklären muss, dass ich jetzt Angst habe und dass das kein außergewöhnliches Ereignis ist sondern zu erwarten war und was jetzt am besten für mich wäre, nämlich ruhige Anwesenheit anstatt irritierte Verunsicherung oder klischeehafte Vorurteile.

Ich schaffe also die Brücke heute nicht, gehe zurück zur Haltestelle, beende das Telefonat, immerhin kein Streit, warte dort auf die nächste Bahn. Die fährt dann entgegen der Anschlagtafel sogar durch und ist auch nicht überfüllt, hurrah!

Zuhause begrüßt mich die Katze freudig, alles ist gut. Ich hänge meine durchgeschwitzten Klamotten auf, ziehe mir etwas Bequemes an und mache mein Abendessen warm. Texte nochmal mit S, auch mit ihr ist alles gut.

Möchte mich immer noch einrollen, mache aber dann doch noch den Haushalt, es hat einerseits etwas Beruhigendes und andererseits möchte ich es nicht morgen früh machen müssen.
Ich lasse mir Zeit, mache alles nacheinander, hangele mich durch bis ich mich nur noch ins Bett legen muss. Dort fange ich eine neue Serie an, irgendein Privatdetektiv mit Anspielungen auf 40er schwarzweiß Filme, wie sich das gehört für einen Marlowe-Style Typen, gefällt mir ganz gut aber eigentlich hätte ich das gerne in weiblich. Die Kate Delafield Reihe würde ich gerne mal verfilmt sehen. Um 21:30 mache ich das Licht aus, scrolle noch ein bisschen, schlafe dann schnell ein.

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